
Ein ungewöhnliches Bild vor den Eingängen zum Bremer Armaturenhersteller Gestra in Findorff: Vor jedem Tor steht ein Zeltpavillon. Das soll den Zugang zum Gelände verhindern. An den Nebeneingängen kontrollieren mindestens zwei Streikposten in roten Jacken oder gelben Warnwesten der IG Metall, wer rein- und wer rausgeht. Dabei riecht es nach verbranntem Holz. Das kommt aus den kleinen Tonnen und alten Gasflaschen, die zum Mini-Kamin umfunktioniert sind. Denn gerade in den Nachtstunden während eines 24-Stunden-Streiks kann es kalt werden.
Höchstens drei Grad waren es, als am Dienstagabend die Nachtschicht die Arbeit niedergelegt hatte. Sie wurde zum Auftakt von Kollegen anderer Unternehmen empfangen – und vom IG-Metall-Bezirksleiter Küste Meinhard Geiken. Am Mittwochmorgen stehen hier vor dem Gestra-Werkstor zwischen 150 und 200 Metaller. Sie halten sich mit heißem Kaffee warm, die Trillerpfeifen sind gezückt, auf der Bühne tut sich was. Alles ist perfekt organisiert.
Es spricht auch der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Er weist darauf hin, dass die 24-Stunden-Streiks mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Die Arbeitgeber haben aber am Mittwoch gegen die Warnstreiks Klage beim Arbeitsgericht in Frankfurt eingereicht.
Hickel hält die Lohnforderung von sechs Prozent mehr für gerechtfertigt und dröselt dies auf: „Zwei Prozent dienen dazu, um die Inflation auszugleichen, bis zu 1,5 Prozent als Anteil an der Produktivität und mindestens zwei Prozent als Umverteilungskomponente. Denn die Gewinne sind in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als die Löhne.“
Außerdem sei es an der Zeit, dass die Arbeitnehmer über ihre Arbeitszeit bestimmen. „Das wollen sich die Arbeitgeber aber nicht aus der Hand nehmen lassen“, so Hickel. Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Geld für zwölf Monate. Zusätzlich will sie einen Anspruch auf zeitweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden.
Dieser soll zum Teil mit einem Zuschuss für die Beschäftigten ausgeglichen werden, die ihre Arbeitszeit verringern und Kinder betreuen, Familienangehörige pflegen oder im Schichtdienst arbeiten. Die Arbeitgeber hatten zuletzt laut Nordmetall-Präsidenten Thomas Lambusch 6,8 Prozent mehr Lohn für 27 Monate angeboten.
Das beinhalte auch die Möglichkeit für alle Mitarbeiter, sechs bis 24 Monate lang eine verkürzte Vollzeit in Anspruch zu nehmen. Die Arbeitgeber müssten dankbar sein für diese 24-Stunden-Streiks, so der Bremer IG-Metall-Bevollmächtigte Volker Stahmann: „Sonst wären wir doch längst schon bei der Urabstimmung für einen Dauerstreik.“
Wer sich mit Gestra-Mitarbeitern unterhält, hört Zustimmung. „Sonst wären wir ja nicht hier“, sagt einer von ihnen. Ein anderer meint aber: „Das mit der verkürzten Arbeitszeit ist gut, aber mit den 28 Stunden ist mir das zu starr. Ich hätte das gern flexibler. Denn wenn da kleine Büroeinheiten von vier Mitarbeitern sind, dann ist es schwierig, das umzusetzen.“
Gestra-Chef Lutz Oelsner war am Morgen auch da, um zu schauen, wie das „neue Instrument“ des 24-Stunden-Streiks abläuft. Er kritisiert: „Es wurde auch Mitarbeitern der Zugang verwehrt, die arbeiten wollten. Nicht jeder Mitarbeiter ist IG-Metall-Mitglied.“ Laut Gestra-Betriebsratsvorsitzender Katja Pilz sind mindestens 60 Prozent der Mitarbeiter auch in der IG Metall.
Oelsner zufolge gehen Gestra durch einen Streiktag bis zu 400.000 Euro Umsatz verloren. Abschließend sagt er: „Grundsätzlich tut mir das leid. Denn ich bin ein Freund der Mitbestimmung. Das muss sich aber alles im Rahmen bewegen.“ Dass die Arbeitgeber gegen die Streiks Klage eingereicht haben, befürwortet Oelsner: „Damit liegt die Sache am richtigen Ort.“ Am Abend starteten die Daimler-Mitarbeiter ihren 24-Stunden-Streik zusammen mit den Kollegen des Zulieferers Lear. Den ganzen Freitag sind dann die Airbus-Mitarbeiter dran.
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