
Immer mehr der großen Containerreedereien schließen sich zu Allianzen zusammen und hoffen so durch die Schifffahrtskrise zu kommen. Dadurch decken inzwischen die zehn größten Reedereien 82 Prozent der Transportkapazitäten ab. Dieser Konzentrationsprozess wird nach Überzeugung des Vereins Bremer Spediteure auch in diesem Jahr weitergehen. Unabhängig davon, wie sich diese Entwicklung auf die Frachtraten auswirken wird, spüren die Spediteure schon längst an anderer Stelle den Sparzwang der Großcontainereedereien speziell im Liniendienst. "Durch die Allianzen gibt es deutliche Einbußen beim Service - sprich die notwendige telefonische Erreichbarkeit vieler Reedereien ist kaum noch gegeben", sagte Vereinsvorsitzender Oliver Oestreich. Die Reedereien hätten in diesen Bereichen einfach Stellen gestrichen.
Stellenabbau bei Reedereien
Es sei schon sehr ärgerlich, wenn man tagelang auf wichtige Informationen warte, etwa auf den Buchungscode für die Ladung, "weil man nicht mehr eben zum Hörer greifen kann", sagte Vorstandskollege Simon Reimer. Bei den deutschen Reedereien Hapag-Lloyd und der Maersk-Tochter Hamburg Süd funktioniere das noch ganz gut, "aber bei vielen anderen Reedereein merkt man sehr deutlich den Stellenabbau". Da sei die Erreichbarkeit auf E-Mail-Verkehr reduziert - und auf Antwort warte man häufig tagelang. "Da müssen wir sehr aufwendig nachhaken." Dieser Aufwand binde viel Personal, "das wir eigentlich für andere Aufgaben viel dringender benötigen."
Denn bei den Speditionen läuft es ausgesprochen gut. Das zeigt eine Umfrage, die der Verein unter seinen über 150 Mitgliedsunternehmen gemacht und am Montag vorgestellt hat. Danach sprechen 75 Prozent der Bremer Speditionsunternehmen von steigenden Mengen in der Seefracht im vergangenen Jahr – dem Bereich, in dem die meisten Bremer Spediteure tätig sind. Aber auch die Luftfracht- und die Straßentransporte seien spürbar gestiegen. Entsprechend stieg der Umsatz in den Unternehmen: 80 Prozent der Unternehmen haben angegeben, 2017 zufriedenstellende und bessere Geschäftsergebnisse erzielt zu haben im Vergleich zum Vorjahr. Oestreich rechnet für 2018 mit einer Fortsetzung dieses Trends, wenn auch mit etwas gebremsten Zuwachszahlen. Es gebe einfach ein paar Unsicherheiten, weil man nicht einschätzen könne, wie sich der Brexit und der Handelsstreit zwischen den USA und China auswirken werde.
Um die Aufträge auch künftig zuverlässig abwickeln zu können, werden laut dem Verein viele Unternehmen in diesem Jahr ihre Investitionen in Informationstechnologie weiter erhöhen. Das datenintensive Speditionsgeschäft sei schon seit den 1970er Jahren auf eine leistungsfähige Datenverarbeitung angewiesen. Rund um Computer und Digitalisierung geht es auch an diesem Dienstag: Im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Vereins Bremer Spediteure referiert Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, über "Digitalisierung in der Transportwirtschaft". Die Veranstaltung mit anschließender Diskussion ist öffentlich und beginnt um 18 Uhr im Atlantic Grand Hotel.
Die Digitalisierung könne allerdings nicht die menschliche Erfahrung und Expertise ersetzen, so Oestreich. Die Mitarbeiter seien nach wie vor das größte Kapital, das die Speditionsunternehmen hätten. Über 50 Prozent der Bremer Spediteure haben im vergangenen Jahr ihr Personal aufgestockt. Auch in diesem Jahr wollen viele Spediteure zusätzliches Personal einstellen. Wobei es derzeit fast unmöglich sei, qualifizierte Mitarbeiter am Markt zu finden, so Vorstand Carsten Hellmers. Den großen Bedarf an qualifiziertem Personal könnten die Spediteure nur durch eine kontinuierliche Ausbildung sichern, ergänzte Vorstandskollege Eduard Dubbers-Albrecht.
Neue Berufsschule
Die Bremer Spediteure bilden jährlich über 200 Speditionskaufleute aus. Insofern sei er froh, dass der Senat nach Gesprächen auf allen Ebenen im vergangenen Jahr einen Neubau der Berufsschule in der Überseestadt beschlossen hat, sagte Oestreich. Die jetzige Schule an der Ellmersstraße sei schon lange in einem desolaten Zustand. Die Wirtschaft habe ihren Beitrag für eine überdurchschnittliche Ausstattung der Schule in Aussicht gestellt. Laut Oestreich werden die Ansprüche an die Speditionskaufleute immer höher: Mit der neuen Schule werde es in Bremen eine noch attraktivere und qualifiziertere Ausbildung für Speditionskaufleute geben. Die neue Schule soll 2021 bezugsfertig sein.
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