
Die Begrenzung der Kundenzahl in größeren Geschäften stößt im Lebensmittel- und Einzelhandel auf scharfe Kritik. „Wir halten das für kontraproduktiv und nicht nachvollziehbar“, sagt etwa Edeka-Chef Markus Mosa. In Geschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern darf sich künftig wie bisher ein Kunde pro zehn Quadratmeter aufhalten. Für größere Läden sind ab 800 Quadratmetern jeweils 20 Quadratmeter pro Kunde vorgeschrieben.
„Das ist hart“, sagt Rainer Ehme, der ausgerechnet am Tag nach dem Beschluss des Bundes und der Länder im Weserpark den größten Edeka-Markt in Norddeutschland mit 6800 Quadratmetern Verkaufsfläche eröffnet hat. Maximal 550 Kunden will Ehme, der täglich rund 100 Mitarbeiter im Einsatz hat, in dieser Woche noch gleichzeitig ins Geschäft hineinlassen. Nach der Neuregelung werden es deutlich weniger als 300 sein. „Im Grunde ist das eine Katastrophe“, sagt Ehme, „aber es gilt in diesen Zeiten eben auch saftey first.“
Vor allem an der Festlegung der Fläche entzündet sich der Ärger. „Die 20 Quadratmeter sind willkürlich gesetzt“, sagt Karsten Nowak, Einzelhandelsexperte der Handelskammer. Tatsächlich war zunächst eine Festlegung auf 25 Quadratmeter Fläche für jeden Kunden im Gespräch. „Dazu ist es zum Glück nicht gekommen“, sagt Jan König, Chef des Handelsverbandes Nordwest. Zufrieden ist König mit der Regelung trotzdem nicht, „weil es eine Ungleichbehandlung ist. Das haben die Richter schon einmal kritisch gesehen.“ Beim Lockdown im Frühjahr hatten Händler geklagt, weil Konkurrenten mit weniger als 800 Quadratmetern Verkaufsfläche ihre Geschäfte früher wieder öffnen durften. Sie hielten das für Wettbewerbsverzerrung.
Ein weiteres Problem sieht die Branche bei den praktischen Folgen der Vorgaben. Schon am Donnerstag bildeten sich bei der Eröffnung des neuen Edeka-Markts im Weserpark Warteschlangen. Der Handelsverband Deutschland befürchtet während der Adventszeit eine erhöhte Gefahr für Ansteckungen, wenn sich wartende Menschen ansammeln. „Und ob es eine gute Idee ist, Ältere im Winter draußen warten zu lassen?“, fragt König, der außerdem sagt: „Warteschlangen signalisieren ja auch etwas. Die Menschen könnten sich fragen: Wird Ware knapp? Soll ich vielleicht doch mehr einkaufen?“ Hamsterkäufe wie im Frühjahr wären die Folge.
Völlig unklar ist im Moment auch, wie die Shopping-Center reagieren müssen, wenn sich in den Gängen der Zentren die Menschen stauen, die auf Einlass in die Läden warten. „Wir unterstützen den Kampf der Regierungen gegen die Corona-Pandemie, glauben aber, dass die neuen Regelungen nicht zielführend sind“, sagt Kirsten Jackenkroll, Centermanagerin der Waterfront- "Gerade große Geschäfte und Shopping-Center haben meist besonders professionelle Hygienekonzepte, sodass das Infektionsrisiko hier besonders gering sein sollte.“ Vor einer abschließenden Beurteilung müsse aber die aktuelle Landes-Verordnung mit weiteren Details abgewartet werden.
Noch relativ gelassen reagiert man bei Dodenhof auf die neuen Einschränkungen. „Wir haben zum Glück so große Flächen, dass wir bisher nicht an die Belastungsgrenze gestoßen sind“, sagt Sprecherin Michaela Strube. Allerdings reagiert auch Dodenhof. Die Öffnungszeiten des Supermarktes beispielsweise werden in der Zeit vom 21. Dezember bis zum 2. Januar verlängert, auf 7 bis 21 Uhr. „So hoffen wir, die Kundenströme zu entzerren“, sagt Strube. Außerdem habe man angefangen, Mobiliar aus den Gängen zu räumen, um mehr Platz und Ausgleichsflächen zu haben.
Kundenströme zu entzerren, hat sich auch das Unternehmen Media Markt vorgenommen, das in Bremen unter anderem im Weserpark und in der Waterfront Niederlassungen hat. „Wir sprechen in diesem Jahr von einem ,Black November’ anstelle eines ,Black Friday’ und haben unsere Aktionen so auf den gesamten Monat ausgeweitet“, sagt eine Sprecherin.
Tatsächlich empfiehlt auch Handelskammer-Experte Nowak, schon jetzt Weihnachtseinkäufe zu tätigen: „Im Moment geht das noch entspannter.“ Seine Sorge ist, dass Kunden ab Mitte Dezember, wenn Weihnachten immer näher rückt, kein Verständnis mehr dafür haben, wenn sie allzu lange vor Geschäften warten müssen. „Dann tun mir besonders die Besitzer und ihre Mitarbeiter leid, wenn sie den Kunden das erklären müssen“, sagt Nowak.
Als großen Verlierer der Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen haben die Experten längst den stationären Handel in den Innenstädten ausgemacht. In der Obernstraße etwa ist die Kundenfrequenz um 40 Prozent zurückgegangen. Große Zuwächse dagegen erzielt in diesen Zeiten der Online-Handel. „Er wird auch weiterhin profitieren“, sagt Nowak. Im Vergleich zum Vorjahr hat das Online-Geschäft schon jetzt 19 Prozent mehr Umsatz gemacht.
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