
Die Zulieferer der Autohersteller geraten wegen der Krise der Branche zunehmend in Schwierigkeiten. Am Mittwoch hat nun auch Thyssen-Krupp System Engineering beschlossen, bundesweit 640 Stellen zu streichen, wie das Unternehmen mitteilte. Grund ist demnach der Umbau des Anlagenbaus Automobilindustrie. Im Kern geht es in dieser Einheit des Konzerns um die Herstellung und Entwicklung von Produktionsanlagen – vor allem zur Fertigung von Batterien, Antrieben und Karosserien. In Bremen sollen rund 300 Stellen von den Plänen betroffen sein.
Am Standort in Farge werden Montage- und Testsysteme für die Produktion von Antriebssystemen entwickelt und gebaut. „Dieser Geschäftsbereich ist besonders durch die derzeitige Marktschwäche und den Technologieschwenk hin zur Elektromobilität betroffen“, teilte Thyssen-Krupp-Sprecher Konrad Böcker mit. Der Standort hänge stark vom Verbrennungsmotor ab und spüre deshalb den Konjunkturabschwung in der Automobilindustrie.
Die Autobauer stellen derzeit laut Böcker flächendeckend Investitionen in neue Produktionsanlagen zurück – gerade bei Projekten im konventionellen Antrieb. Der Markt für Montagesysteme breche zudem schneller ein als erwartet und werde noch nicht durch neue Projekte im Bereich alternative Antriebe kompensiert. Auf die soll sich Bremen in Zukunft spezialisieren: auf die Montage für Antriebssysteme für E-Motoren und die Brennstoffzellentechnologie. Diese Ausrichtung soll auch 25 neue Stellen in der Hansestadt schaffen.
Zur Stammbelegschaft der Thyssen-Krupp System Engineering in Bremen gehören derzeit 788 Mitarbeiter. Am Mittwochvormittag wurden sie über die Pläne informiert. Im Sommer kündigte sich der Stellenabbau bereits an – allerdings ging es damals nur um 220 Stellen. Der Geschäftsführer der Sparte System Engineering, Ingo Steinkrüger, sprach zu den Mitarbeitern in Bremen. „Die Einschnitte für den Standort Bremen sind sicherlich hart", sagte er. "Allerdings müssen wir jetzt handeln, um dem Standort eine dauerhafte Perspektive zu geben." Den Stellenabbau werde man sozialverträglich gestalten.
Der zuständige Gewerkschaftssekretär Michael Gerdes von der IG Metall Bremen erklärte am Mittwoch, dass es nun darum gehe, zusammen mit dem Betriebsrat Verhandlungen mit dem Unternehmen zu führen. Etwas überrascht zeigte er sich dabei zugleich: „Dass es um dieses Ausmaß geht, das war nicht abzusehen.“ Für die Standorte in Deutschland gibt es laut Gerdes bereits eine Vereinbarung mit Thyssen-Krupp, dass zunächst ein Plan für die Zukunft der Werke erarbeitet werde, bevor es um den Personalabbau gehe. Auf die Erklärung haben sich Thyssen-Krupp und die Gewerkschaft verständigt. Das Unternehmen müsse aufzeigen, welche Ideen und Aufträge es gebe, wie es „die Zukunft gestalten wolle“ am Standort in Bremen. „Wir wollen eine Perspektive für die Beschäftigen.“
Schon im Mai hatte der Konzern wegen erheblicher Verluste 2018 den Geschäftsbereich ins Visier gefasst. Nun belasten die Nachfrage der Automobilbranche und der Technologiewandel im Bereich Antrieb das Ergebnis weiter. Analysen hätten ein sehr klares Bild über die Stärken und Schwächen des Bereichs gezeigt, äußerte sich Karsten Kroos, Geschäftsführer der Autozuliefersparte von Thyssen-Krupp, in der Mitteilung: „Insgesamt glauben wir an die Zukunftsfähigkeit unseres automobilen Anlagenbaus. Allerdings sind nun klare Einschnitte und Veränderungen notwendig, um das Geschäft wieder wettbewerbsfähig und profitabel zu machen.“ Während unrentable Geschäfte wegfallen sollen, will das Unternehmen vor allem bei der E-Mobilität und der Digitalisierung wachsen. Insgesamt sollen in den nächsten zwei Jahren so rund 100 neue Stellen entstehen.
Nach Bosch hat mit Thyssen-Krupp nun ein zweiter Autozulieferer einen massiven Stellenabbau in Bremen vor. Im Oktober gab Bosch bekannt, sein Werk in Bremen zu schließen: Die Produktion von Lenksäulen verlegt Bosch nach Ungarn. 240 Stellen werden gestrichen. In Bremen soll allein eine Entwicklungsabteilung mit 30 Mitarbeitern bestehen bleiben. Der Geschäftsführer Peter Delhey sprach von einer Krise der Automobilindustrie. Am Standort könne nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden. „Die These steht im Raum: Das Wachstum geht nicht weiter. Die Krise bleibt nachhaltig.“ In den nächsten Wochen gibt es zwischen der Geschäftsführung, der IG Metall und dem Betriebsrat gleich mehrere Gespräche.
Thyssen-Krupp System Engineering hat in Deutschland acht Entwicklungs- und Produktionsstandorte. Im niedersächsischen Langenhagen bei Hannover gibt es ebenfalls eine Fertigung von Montage- und Testanlagen wie in Bremen. Dort soll im Wesentlichen noch Servicegeschäft verbleiben: 80 Stellen fallen weg. Ingo Steinkrüger sprach am Mittwoch auch vor der Belegschaft in Langenhagen.
Die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) sprach von einer sehr bedauerlichen Entwicklung bei Thyssen-Krupp. "Wir wissen, dass die Transformation der Wirtschaft, wie hier im Automotive-Bereich, solche Effekte mit sich bringt. Glücklicherweise ist Bremen im Bereich der Automobilzulieferer weniger betroffen als andere Bundesländer."
Für Situationen wie diese brauche es neue Instrumente. In der Arbeits- und Sozialministerkonferenz nächste Woche werde Bremen gemeinsam mit Rheinland-Pfalz, Berlin, Hamburg und Thüringen einen Antrag auf "Transformationskurzarbeitergeld" einbringen. Ziel sei, so Vogt, dass Kurzarbeitergeld auch gewährt werden könne, wenn es sich nicht um eine Krise aus konjunkturellen Gründen handele. Wenn der Antrag beschlossen werde, könnten die Mitarbeiter durch Qualifizierung für neue Aufgaben im Betrieb fit gemacht werden.
Michael Gerdes von der IG Metall sieht derzeit noch nicht, dass alle Arbeitsplätze in Bremen verloren sind. Die Gewerkschaft wolle sich dafür einsetzen, dass Mitarbeiter andere Position im Konzern übernehmen. „Wir versuchen alles Mögliche, um die Beschäftigten zu halten.“ Die Perspektiven für den Standort seien dabei gut, es werde wieder aufwärts gehen. Für das Unternehmen sei es momentan nur ein Problem, dass der Wechsel auf Autos mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb sehr verhalten angegangen werden. „Da bleiben im Moment Investitionen aus.“ Zudem fiele die Nachfrage nach Diesel und Benzinern deutlich zurück.
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