
Es waren andere Zeiten: Den mageren Speisequark gab's für 33 Pfennig, den Dessertjoghurt für 39; im WESER-KURIER warb eine große Anzeige mit dem Ausruf „Achtung“ für den Bremerland-Nachmittag beim Sechs-Tage-Rennen 1970. Auch in den Jahrzehnten danach waren die Molkerei und ihre Produkte im gesamten Stadtbild präsent. Bremerland, so der Eindruck, ist ein Stück Hansestadt.
Viele Bremer haben die Marke lieb gewonnen – wohl schon deswegen, weil sie damit groß geworden sind. Milch und Kakao aus den dreieckigen Bremerland-Tüten waren für unzählige Schüler ein fester Bestandteil ihrer Pause. So wundern auch nicht die Liebesbekundungen, die aufkamen, als die Milchprodukte mit weißer Schrift auf rotem Grund 2005 aus den Regalen genommen wurden. „Ade, mein armes, geliebtes Bremerland“, kommentierte etwa ein Nutzer im Internet die Nachricht.
„Die Entscheidung, Bremerland einzustellen, war schon damals umstritten“, sagt Oliver Bartelt heute. Er ist Sprecher des Deutschen Milchkontor (DMK), das durch Fusionen aus der Molkerei Nordmilch hervorgegangen ist. Die hatte 1999 wiederum die Bremerland-Molkerei übernommen und sechs Jahre später das Ende der Marke besiegelt. Doch das war nur vorläufig: Schon im April soll wieder Milch von Bremerland in den Supermarktregalen stehen – so verkündet es das DMK am Donnerstagabend.
„Wir freuen uns, dass wir diese Traditionsmarke wieder aufleben lassen können. Regionalität ist für viele Verbraucher heute wieder ein Faktor beim Einkaufen“, sagt DMK-Chef Ingo Müller. Die Idee, Bremerland wiederzubeleben, kam aber nicht aus dem Unternehmen selbst, sondern aus einem Kreis von Landwirten, die Milch an das DMK liefern. Die Molkerei fand den Vorschlag allerdings so gut, dass sie eine Studie in Auftrag gegeben hat. Ihr Ziel: herausfinden, ob die Leute auch heute noch Bremerland-Milch kaufen würden.
„Produkte aus der Region sind erste Wahl; die Verbundenheit zur Stadt und allem, was dazu gehört, ist außergewöhnlich hoch“, sagt Christoph Burmann, Professor für innovatives Markenmanagement an der Universität Bremen. Er hat die Untersuchung durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gekommen: „Die Marke Bremerland ist bei den Bürgerinnen und Bürgern ab 40 Jahren auch 14 Jahre nach dem letztmaligen Produktverkauf noch immer eine der beliebtesten Marken im Bremer Stadtgebiet und eine, an die sich die Bürger gerne zurückerinnern.“
Deswegen soll es in wenigen Wochen soweit sein: Dann wird in Bremen und Umgebung Vollmilch mit 3,7 Prozent Fett und fettarme Milch mit 1,5 Prozent Fett unter dem Markennamen verkauft. Der markante Schriftzug ist weitestgehend gleich geblieben, die Verpackung wurde modernisiert. Woran die Molkerei aber festhält: Die Milch für Bremerland kommt tatsächlich nur aus Bremen.
15 Landwirte mit etwa 1000 Kühen und Höfen in Oberneuland, Borgfeld und dem Blockland liefern die Rohmilch. Verarbeitet wird sie aber nicht in Bremen, auch nicht im DMK-Werk in Zeven, sondern in der Wedemark bei Hannover. Nur so könne sichergestellt werden, dass in der Bremer Milch auch nur Milch aus der Hansestadt ist. Um den Milchgeschmack beizubehalten, werde die Milch dort schonend erhitzt, teilt das DMK mit, 15 Sekunden bei 77 Grad. Sie sei dann zwölf Tage haltbar.
Mehr als eine Million Liter will das DMK unter der neuen, alten Marke jährlich in den Handel bringen. Der Markt sei da – zu diesem Ergebnis kommt die in Auftrag gegeben Analyse. Die Milch soll gentechnikfrei sein, allerdings nicht „bio“. „Würden die Produkte von Bremerland auch das Bio-Siegel tragen, müssten unsere Landwirte gesondert zertifiziert werden“, sagt DMK-Sprecher Bartelt. Das würde höhere Kosten verursachen, die sich bei den vergleichsweise geringen Mengen an Bremerland-Milch nicht rechnen würden. Zudem sei der Mark für Bio-Milch bislang gering. Laut Unternehmen liegt ihr Anteil im Handel bei weniger als zehn Prozent.
Dass Bremerland vor 15 Jahren überhaupt eingestellt wurde, sei eine Notwendigkeit der Fusionen rund um die Nordmilch AG gewesen, sagt Bartelt. Damals wollte man sich vor allem auf die Marke Milram konzentrieren. Die gibt es immer noch.
Bremerland war lange fest mit dem Stadtteil Findorff verwoben. Seit den 1930ern produzierte die Bremer Milchabsatzgenossenschaft in der Admiralstraße Molkereiprodukte. 1965 gab sich die Firma den griffigeren Namen Bremerland. Einen ersten Abschied aus Bremen gab es in den 90er-Jahren. Weil es in der Hansestadt kein geeignetes Grundstück gab, zog die Molkerei, die damals von 16.000 Landwirten beliefert wurde, nach Stuhr-Seckenhausen. Erst einige Jahre später – mit der Übernahme durch Nordmilch – wurde der Verwaltungssitz wieder nach Bremen verlegt.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
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