
Unternehmen in Deutschland sollen zumindest vorübergehend über eine neue Verordnung dazu angehalten werden, Beschäftigten in der Pandemie mehr Homeoffice anzubieten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) legte am Mittwoch dem Kabinett eine entsprechende „Corona-Arbeitsschutzverordnung“ vor. Darin heißt es wörtlich: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“
Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) betonte schon im Vorfeld des Bund-Länder-Treffens, dass Beschäftigte im Homeoffice arbeiten können sollten, wo das möglich sei. Im Homeoffice müsse der Arbeitsschutz aber auch gewährleistet sein. Insgesamt sei festzuhalten, „dass sich die große Mehrzahl der Bremer Unternehmen an Hygieneverordnung und Abstandsregeln hält“.
Der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) appellierte ebenfalls, jeder Arbeitgeber solle „im Sinne des Schutzes aller Mitarbeiter ernsthaft erneut prüfen, ob die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens oder versetzter Arbeitszeiten tatsächlich schon voll ausgeschöpft sind“. Zugleich warnte er, durch die Hintertür einen Rechtsanspruch auf Homeoffice einzuführen. Mit einer Pflicht seien ein hoher Kontrollaufwand, aufwendige Nachweispflichten und damit weitere Bürokratie verbunden: „Das sollten wir der Wirtschaft gerade jetzt nicht noch zusätzlich aufbürden.“
Das Arbeitsministerium spricht in seinen der Verordnung beigefügten Erläuterungen von einer „Pflicht“, Homeoffice anzubieten, „soweit dies nach den betrieblichen Gegebenheiten möglich ist“. Wie das kontrolliert werden soll? Heil riet dazu, dass Arbeitnehmer zunächst mit ihrem Arbeitgeber sprechen sollten oder sich gegebenenfalls an den Betriebsrat oder im Konfliktfall an die Arbeitsschutzbehörden der Länder wenden. Nur im Zweifelsfall würden die Behörden kontrollieren und im „allergrößten Notfall“ seien auch Bußgelder möglich. Das stehe aber nicht im Vordergrund. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte im ARD-„Morgenmagazin“, Kontrollen oder Sanktionen bei der Einhaltung der Homeoffice-Regeln würden „nur ganz selten“ gebraucht werden.
Bund und Länder hatten sich am Dienstag grundsätzlich auf Vorgaben für Unternehmen geeinigt. Begründet wird der Vorstoß auch damit, dass zwar viele, aber noch nicht alle Unternehmen die Möglichkeiten für Homeoffice genügend ausschöpften. Die Verordnung bedarf keiner weiteren Zustimmung und soll nach Angaben des SPD-Politikers Heil voraussichtlich Mitte kommender Woche in Kraft treten. Die Regeln darin sind befristet bis zum 15. März dieses Jahres.
CDU und CSU tragen als Koalitionspartner die Verordnung zwar mit, äußern sich aber trotzdem kritisch. Beim Thema Homeoffice müsse man „aufpassen, dass wir kein Bürokratiemonster kriegen“, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, es sei klar, dass beim Homeoffice kein individueller und einklagbarer Rechtsanspruch entstehe.
Kritik kam auch aus der Wirtschaft. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander, bezeichnete die beschlossenen Vorgaben für mehr Homeoffice als „inakzeptabel“. Cornelius Neumann-Redlin, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände im Lande Bremen, hält sie ebenfalls für problematisch: „Es ist unverantwortlich und inakzeptabel, was sich der Bundesarbeitsminister unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung an Eingriffen in betriebliche Abläufe anmaßt.“ Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, kritisierte: „Eine Verordnung zur Homeoffice-Pflicht aus dem Bundesarbeitsministerium ist bürokratischer Aktionismus.“ Was konkret an mobiler Arbeit möglich sei, könne nur in den Betrieben entschieden und organisiert werden. Und weiter: „Praxisferne Vorgaben erschweren die Arbeit in ohnehin schwierigen Zeiten.“
Lob für die Pläne kam dagegen von der Gewerkschaftsseite. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sprach von einem „positiven Impuls“, „der die Arbeitgeber spätestens jetzt dazu bewegen sollte, dies auch konsequent umzusetzen“. Die Arbeitnehmerkammer Bremen begrüßte den Schritt ebenfalls. „In der aktuellen Situation ist das Arbeiten von zu Hause ein echter Pandemie-Blocker“, sagte Hauptgeschäftsführer Ingo Schierenbeck. „Homeoffice hilft dabei, die Verbreitung des Virus einzudämmen.“ Studien belegten, dass Beschäftigte zu Hause nicht weniger arbeiteten. In der Schweiz und in Belgien gebe es bereits eine Verpflichtung für die Arbeitgeber, Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten zu lassen, sofern dies möglich sei.
Die Bürgerschaftsfraktion der Grünen plädiert dafür, dass der Bremer Senat zügig einen „Sicher-Arbeiten-Gipfel“ einberuft – vor dem Hintergrund der ablehnenden Haltung der Handelskammer. „Unverbindliche Appelle an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Homeoffice stärker zu nutzen, reichen nicht aus“, sagte die stellvertretende Fraktionschefin und arbeitspolitische Sprecherin Henrike Müller. „In der zweiten Corona-Welle sind viel zu viele Büros offen, die es nicht sein müssten. Unnötige Anwesenheitsverpflichtungen verlängern den Shutdown und führen zu mehr Erkrankungen.“
Verwaltung von zu Hause aus im Einsatz
In der Kernverwaltung für das Land und die Stadt Bremen sind inzwischen 4300 Mitarbeiter für das Homeoffice gewappnet – das entspricht der Hälfte. „Wir haben den Anteil von 25 auf 50 Prozent verdoppelt“, sagt die Sprecherin des Finanzressorts Dagmar Bleiker. Die Kollegen arbeiteten dabei komplett oder teilweise zu Hause. Insgesamt gibt es in der Kernverwaltung, zu der etwa die Stadt Bremerhaven sowie Polizei oder auch Lehrer nicht zählen, 8600 Arbeitsplätze. Ein Großteil der Beschäftigten in Niedersachsens Landesverwaltung kann seine Arbeit auch von zu Hause aus erledigen. Wie das Innenministerium in Hannover mitteilte, ist das Homeoffice für rund drei Viertel der Mitarbeiter möglich. Das habe eine Abfrage für rund 55.000 Arbeitsplätze in der Verwaltung ergeben. Insgesamt umfasst diese rund 230.000 Beschäftigte in mehr als 60 Berufen. Die Verwaltung für die Landeshauptstadt hat rund 4000 von 11.500 Beschäftigten ermöglicht, zu Hause ihrer Arbeit nachzugehen. Das ist laut Stadt gut die Hälfte der Mitarbeiter mit PC-Arbeitsplatz.
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