
Als die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „postfaktisch“ zum Wort des Jahres 2016 erklärte, begründete sie dies damit, „dass immer größere Bevölkerungsschichten bereit (sind), Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren“. Diese Begründung erweckt den Eindruck, dass es sich um ein neues politisches Phänomen handelt. Aber lässt sich diese Behauptung aufrechterhalten, wenn man in die Vergangenheit schaut?
Die deutsch-jüdische Denkerin Hannah Arendt schrieb schon in den 1960er-Jahren, dass die „Lüge immer schon als ein erlaubtes Mittel der Politik“ galt, auch im Umgang mit Tatsachenwahrheiten. Tatsachen, so Arendt, sind das Rohmaterial von Meinungen, aber Politik entsteht nicht aus der Summe aller zugänglichen Fakten, sondern durch deren Interpretation.
Keine Tatsache ist von sich aus so evident, dass sie nicht durch gezieltes Lügen infrage gestellt werden kann. Fakten können gefälscht oder verdreht werden, indem man sie in einen anderen Wirklichkeitszusammenhang stellt. Ein aktuelles Beispiel für die Wirksamkeit der politischen Lüge lieferte die Geschichte von dem angeblich entführten und vergewaltigten Mädchen Lisa.
Lügen-Phänomene sind nichts Neues
Obwohl die Fakten das Gegenteil bewiesen, gingen Tausende Russlanddeutsche auf die Straße, um gegen die Politik der deutschen Regierung zu protestieren. Die russische Propagandamaschine war mühelos in der Lage, durch Lügen die bekannten Fakten außer Kraft zu setzen.
Es geht in der Meinungsbildung nie allein um Fakten, sondern immer auch darum, wem Glaubwürdigkeit beim Sprechen zugebilligt wird. Wenn Teile der Bevölkerung ihren eigenen Politikern und Journalisten nicht mehr glauben, dann gilt derjenige als wahrhaftig, der vermeintlich unbequeme Wahrheiten ausspricht. Im Fall von Lisa war es der russische Außenminister Sergej Lawrow, der die Lüge von der Entführung und Vergewaltigung autorisierte.
Nichts Gutes für Wahlkämpfe
Die Lügen-Phänomene des „postfaktischen Zeitalters“ sind also nichts Neues. Trotzdem gibt es einen Unterschied zu früheren Zeiten: In der Vergangenheit war es das Privileg von Regierungen, Lügen für ihre Zwecke zu benutzen. Die Bürgerinnen und Bürger waren die Adressaten der Lügen. Heute aber ist das Publikum selber eine Quelle von Lügen, die bequem über die neuen sozialen Medien verbreitet werden und verheerende Folgen haben können.
Der junge syrische Flüchtling, der ein Selfie mit Angela Merkel machte und dessen Foto in den sozialen Netzwerken mehrfach gefakt wurde, um damit Hasspropaganda zu betrieben, ist nur eines von vielen Beispielen. Das verspricht nichts Gutes für die kommenden Wahlkämpfe.
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