
Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei unter 20 Kilometer pro Stunde. Aber Binnenschiffe haben trotzdem einen großen Vorteil gegenüber dem schnelleren Güterverkehr auf der Straße: Im Inlandsverkehr ist das Binnenschiff das wirtschaftlichste aller Transportmittel. Und: Ein modernes Binnenschiff ersetzt je nach Größe etwa 90 Lastwagen und mehr, weshalb es gerade im Zusammenhang mit den Klimaschutzzielen von Bedeutung ist. Dennoch: Anstatt stärker genutzt zu werden, hat die Binnenschifffahrt insgesamt einen Rückgang im Güterverkehr verzeichnet – zumindest in Deutschland. Das spielte am Donnerstag auch eine Rolle in der Bremischen Bürgerschaft.
Der Senat räumt im Rahmen der CDU-Anfrage ein, dass das verkehrspolitische Ziel der Bundesregierung, die Binnenschifffahrt im Güterverkehr stärker zu nutzen, noch nicht erreicht wurde. Insgesamt seien weitere Anstrengungen von Bund und Ländern erforderlich, um die Binnenschifffahrt zu fördern. Der Senat setze sich auf allen Ebenen für bessere Bedingungen für die Binnenschifffahrt ein und werde das auch weiter tun, sagte Häfen-Staatsrat Jörg Schulz in der Bürgerschaft.
Nach Angaben der Zentralen Binnenschiffsbestandsdatei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat sich die Anzahl der Schiffe der deutschen Binnenflotte zwischen 2007 und 2016 um 15,5 Prozent verringert. Das Laderaumangebot ging danach um 7,7 Prozent zurück. Im annähernd gleichen Zeitraum, 2008 bis 2017, hat sich die jährlich beförderte Gütermenge von insgesamt 246 Millionen Tonnen auf 223 Millionen Tonnen verringert. Das entspricht einem Rückgang von 9,3 Prozent.
Die bremischen Häfen und Bremerhaven bleiben von diesem Trend nicht verschont: So lag der Güterumschlag, der sich besonders für nicht zeitsensible Schüttgüter Güter wie Kohle und Erze sowie andere Rohstoffe eignet, 2008 bei insgesamt 5,9 Millionen Tonnen, davon entfielen 4,2 Millionen Tonnen auf die Häfen in Bremen-Stadt und 1,7 Millionen Tonnen auf Bremerhaven. 2017 waren es fünf Millionen Tonnen (Bremen-Stadt: 3,7 Millionen, Bremerhaven: 1,3 Millionen).
„Potenziale der Binnenschifffahrt stärker nutzen“ – so lautet die Überschrift des Fragenkatalogs, den die CDU-Fraktion beim Senat als Große Anfrage eingereicht hatte. „Wir finden, dass der Senat nur halbherzig an die Sache herangegangen ist und geht“, sagte Susanne Grobien, hafenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, dem WESER-KURIER. So sei vom Masterplan „Binnenschifffahrt“ seit 2008 kaum etwas umgesetzt worden.
In dem Masterplan sei es um Vorschläge zur Erschließung neuer Geschäftsfelder gegangen, lautet die Antwort des Senats. Aus verschiedenen Gründen seien die Themen in den unterschiedlichen Fachbereichen nicht weiterverfolgt worden. So habe kein Bedarf für den Bau einer sogenannten Trockenumschlagsanlage für nässeempfindliche Güter festgestellt werden können. Transportmengen zur Einbindung in die Werkslogistik per Lkw und Bahn fehlten.
Der Aufbau eines Binnenterminal-Netzwerkes sei eine Idee der Terminalbetreiber gewesen, die diese im Zuge der Finanzkrise nicht weiterverfolgt hätten, teilt der Senat mit. Aktuell liege der Bedarf eher in der Verbesserung der Liegeplatzsituation von Warteplätzen in Stadtnähe, der Aufnahme von Trink- und Frischwasser oder einheitlichen Systemen bei der Landstromversorgung. Je nach Priorität erfolge die Berücksichtigung in Investitionsprojekten. „Das Problem ist, dass der Bremer Senat häufig nach dem Henne-Ei-Prinzip arbeitet und dadurch kaum Veränderungen passieren“, so Susanne Grobien.
Das lasse sich besonders gut beim Containertransport auf Binnenschiffen festmachen, sagt die CDU-Politikerin. In diesem Bereich gab es laut Senatsvorlage innerhalb des Güterumschlags insgesamt in den bremischen Häfen einen Rückgang: 2011 waren es 62 917 Standardcontainer (TEU), 2017 nur 51 331 TEU. Dagegen legten Konkurrenzhäfen in diesem Segment zu. Im belgischen Antwerpen lag der Transport 2011 bei 565 262 TEU, sechs Jahre später waren es 864 507 TEU. Auch im niederländischen Rotterdam ging es nach oben. 715 460 TEU wurden 2011 in Europas größtem Seehafen per Binnenschiff transportiert, 2011 waren es 1,107 Millionen TEU.
„Das liegt eindeutig an den besseren Wettbewerbsbedingungen, was sich vor allem an den in Belgien und Niederlanden besser ausgebauten Wasserstraßen bemerkbar macht“, so Grobien. Das lasse sich nicht damit erklären, dass die beiden größten deutschen Seehäfen Bremerhaven und insbesondere Hamburg gegenüber Rotterdam und Antwerpen in den vergangenen Jahren an Ladung verloren hätten. Denn Hamburg habe trotzdem die Binnenschiff-Containertransportmengen steigern können, wenn auch nur minimal.
Dreh- und Angelpunkt für die Binnenschifffahrt von und nach Bremen sei die Weser, sagt Grobien. Und der Ausbau der Mittelweser habe einfach zu lange gedauert. Zwar sei daran auch maßgeblich der Bund beteiligt gewesen, aber Bremen habe zu oft auf die Bremse getreten.
Inzwischen sei der Ausbau zwar erfolgt, aber es müsse an einigen weiteren kritischen Stellen auch noch das Ufer zurückgebaut werden, damit sich dort auch Großmotorschiffe gefahrlos begegnen könnten. Grobiens Hoffnung: „Vielleicht erfolgt die Umsetzung dieser Maßnahmen nun zügiger, jetzt wo Bremen dafür nicht mehr mit in der Verantwortung steht.“ Was die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Binnenschifffahrt angehe, habe der Senat nichts vorzuweisen, kritisierte der FDP-Abgeordnete Hauke Hilz in der Bürgerschafts-Sitzung. Der Masterplan sei von vornherein völlig an der Realität vorbeigeplant gewesen.
„Generell schätzen wir die Rahmenbedingungen für die Binnenschifffahrt in Bremen und Bremerhaven als sehr positiv ein“, sagte Christopher Beplat, Geschäftsführer der NWL Norddeutsche Wasserweg Logistik GmbH und der Trimodal Logistik GmbH, dem WESER-KURIER. „Wir plädieren jedoch dafür, dass der Neustädter Hafen auch weiterhin als Hafen genutzt wird.“ Verbessert werden sollten aus Sicht des Unternehmens insbesondere die Rahmenbedingungen auf der Mittelweser, „wo wir mit unserer Binnenschiffsgesellschaft NWL aktiv sind und derzeit mit zwei bis drei Binnenschiffen der Europa-Klasse fahren.“ Dies betreffe sowohl die Uferrückbauten, damit größere Schiffe dort begegnungsfrei fahren können, als auch die Zuverlässigkeit der Schleusen. Zudem sollten sämtliche Schleusen digitalisiert und über Leitzentralen gesteuert werden, um einen flexiblen Rund-um-die-Uhr-Dienst zu gewährleisten.
Die Trimodal Logistik GmbH – der tägliche Liniendienst hat eine Kapazität von 384 TEU – habe den Containertransport auf dem Binnenschiff zwischen Bremerhaven und Bremen steigern können, sei aber gleichzeitig an die Verträge zwischen den Reedern mit den Terminals in Bremerhaven gebunden, die insbesondere im Wettbewerb zu Hamburg und Wilhelmshaven stünden. „Potenzial für weitere Containerverkehre sehen wir vor allem im Bremer Umland.“
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