
Wie viele Anfragen gibt es derzeit bei Ihnen in der Schuldnerberatung in Bremerhaven?
Sandra Dunker: Es gibt eine sehr große Nachfrage. Insbesondere auch bei Personen, die durch Kurzarbeit oder Jobverlust Einbußen bei ihrem Einkommen haben. Im vergangenen Jahr sind sie deshalb in Bredouille geraten. Darlehen sind dann plötzlich nicht mehr zu bezahlen. Wir haben damals schon vorausgesehen, dass sich die Nachfrage nach ein paar Monaten erhöhen wird. Viele haben erst noch versucht, es irgendwie hinzukriegen, die Raten zu bezahlen. Und jetzt merken sie, dass das gar nicht geht und suchen sich Hilfe. Gerade im zweiten Lockdown beobachten wir das, weil sich die Lage für die Menschen nicht wirklich entspannt hat. Im Moment haben wir eine Warteliste.
Auf welche Schritte kommt es denn zunächst bei der Beratung an?
Zuallererst sorgen wir immer dafür, dass die Ratsuchenden abgesichert sind. Das bedeutet für uns, dass die Miete gezahlt ist. Wenn Menschen viel weniger Einkommen haben, ist das nicht immer der Fall. Und sind Strom, Gas und Wasser bezahlt? Droht eine Abstellung? Es ist ganz wichtig, dass wir zum Pfändungsschutzkonto beraten. Denn im Fall einer Pfändung sollen die Menschen auch an ihr Geld kommen. Die Inkassobüros sind leider nicht dazu übergegangen, weniger zu vollstrecken. Für die hat sich nichts geändert.
In Bremerhaven und Bremen gab es schon lange vor der Krise ein Problem, dass viele Menschen überschuldet sind. Was bedeutet das in dieser Situation? Was hilft aus Ihrer Sicht, um gegen das Problem anzusteuern?
Die Verschuldungslage in Bremerhaven ist schon seit Jahren sehr kritisch. Wir haben immer gesagt, dass wir hier ein ausreichendes Beratungsangebot benötigen, und zwar kostenlos für alle Ratsuchenden – auch Menschen mit wenig oder ohne Einkommen, mit Rente oder Bafög. Wir haben gerade vermehrt einen Anteil an Studenten in der Beratung, denen der Nebenjob weggebrochen ist. Jetzt wissen sie nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen können. Wir sind froh über das Angebot in Bremerhaven. Wir haben zusammen schon einiges bewegt. Doch eigentlich könnten wir noch mehr Beratung gebrauchen. Wir müssen aufpassen, dass uns das Problem Verschuldung nicht entgleitet. In naher Zukunft wird es noch zunehmen. Vor allem wünsche ich mir, dass Menschen sich rechtzeitig Hilfe suchen – bevor Inkassogebühren entstehen. Schulden sind aber noch immer ein Tabuthema. Es gibt keiner gerne zu, dass er Schulden hat.
In dieser Zeit leiden viele Menschen unter der Krise ausgelöst durch Corona und zugleich dem Winterblues. Ihre Aufgabe stelle ich mir sehr herausfordernd vor. Woher nehmen Sie die Kraft, den Menschen in der Beratung zu helfen?
Für mich persönlich ist die Situation auch belastend. Ich leite die Schuldnerberatungsstelle seit 2009. Ich denke, dass wir ganz stabil sind liegt daran, dass wir Berater uns sehr viel austauschen. Wir reden über die Fälle. Wir reden darüber, was sie mit uns machen. Das ist ein gutes Mittel, um da durchzukommen. Außerdem ist es ein sehr schönes Gefühl, Ratsuchenden zu helfen, ihre Schuldenprobleme zu lösen. Wir können etwas für die Menschen bewirken und ihnen viele Sorgen nehmen.
Das Gespräch führte Lisa Boekhoff.
Sandra Dunker arbeitet als Beraterin bei der AFZ Schuldner- und Insolvenzberatung in Bremerhaven. Die Juristin leitet die Beratungsstelle seit ihrer Gründung im Jahr 2009.
Die AFZ Schuldner- und Insolvenzberatung ist unter Telefon 04 71 / 9 83 99 60 zu erreichen.
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