
Sechs Kreuzfahrtschiffs-Neubauten in sechs Jahren. Jetzt folgt zunächst eine Baupause, obwohl der Kreuzfahrtmarkt boomt. Hat sich Tui Cruises schon vor längerer Zeit dazu entschlossen?
Wybcke Meier: Ja, denn zwischen der Entscheidung Schiffe zu bestellen und der Auslieferung liegen immer mehrere Jahre. Wir haben schon früh erkannt, dass der Trend anhalten könnte und von unseren Mutterkonzernen die Zusage bekommen, weiter zu wachsen: Als wir die „Mein Schiff 5“ und „6“ sowie die Schiffe, die wir im letzten und diesen Jahr in Dienst gestellt haben, bestellten, waren wir im Jahr 2015. Da waren wir bereits gut unterwegs mit unseren ersten beiden Neubauten und den beiden damaligen Schiffen „1“ und „2“.
Was war das Ziel von Tui Cruises?
Wir hatten von Anfang eine gute Akzeptanz mit unserem Wohlfühlkonzept im Premium-Segment. Und wir waren uns ziemlich sicher, dass die Nachfrage auf dem deutschsprachigen Kreuzfahrtreisemarkt da ist. Ziel war es, mit der gesamten Flotte einen 25-prozentigen Anteil am deutschsprachigen Kreuzfahrtmarkt zu erreichen. Das ist eine gute Größe, das hatten wir entsprechend geplant und haben das jetzt erreicht.
Hat sich der Kreuzfahrtmarkt noch besser entwickelt, als Sie gedacht haben?
Dass immer mehr Deutsche ein Interesse an Kreuzfahrt haben, diese Entwicklung ist generell ein stetiger Prozess. Laut dem BAT-Institut haben aktuell 34 Prozent der Deutschen Interesse an einer Kreuzfahrt, 2015 waren es 29 Prozent.
Über 2,2 Millionen Deutsche machten im vergangenen Jahr eine Kreuzfahrt. Vor zehn Jahren waren es knapp über 900 000. Welche Gründe gibt es für diese Entwicklung?
Der Kreis der Kreuzfahrt-Interessenten wächst. Und wer aus diesem Interesse heraus tatsächlich eine Kreuzfahrt macht, bleibt diesem Reiseformat in der Regel treu. Denn sogenannte Erstfahrer stellen fest, dass die Kreuzfahrt gar nicht so war, wie sie sie sich vorgestellt haben, sondern viel schöner. Hinzu kommt, dass Deutschland eine relativ alte Demografie hat. Und aus diesem Kreis gibt es viele, die gern komfortabel reisen, dabei aber viel sehen möchten. Zudem verfügt dieser Personenkreis über gute Haushaltsnettoeinkommen.
Ist diese Entwicklung allein im deutschen Reisemarkt zu beobachten?
Nein. Kreuzfahrten boomen weltweit, aber der deutschsprachige Raum hat einen besonders hohen Nachholbedarf. Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf der Werftseite wider. Die Werften profitieren nicht nur von Schiffsneubauten von deutschen Reedereien, sondern von der weltweiten Nachfrage. Mit China ist ein komplett neuer Markt hinzugekommen, das hat auch dazu beigetragen, dass die Werften voll ausgelastet sind.
Hätten die Werften Kapazität, hätte Tui Cruises weiter in dem Tempo Neubauten bestellt?
Vielleicht nicht in diesem Tempo, aber wahrscheinlich hätten wir gesagt, dass wir das nächste Schiff vielleicht ein oder zwei Jahre früher bekommen.
So wird es aber nicht möglich sein, den Marktanteil von 25 Prozent zu halten. Andere Reedereien bekommen weitere Schiffe, die Tui-Cruises-Flotte gilt als ausgebucht, vom größer werdenden Kuchen fällt dann nichts ab.
Bekanntlich stellen andere Marktteilnehmer in den nächsten Jahren weitere Schiffe in Dienst. Insofern kann es durchaus sein, dass wir in einem Jahr nur 22 Prozent haben. Damit können wir aber gut leben. Es ist nun einmal so, dass wir keine Werften zaubern können. Abgesehen davon, leben wir nicht vom Marktanteil, sondern von zufriedenen Kunden an Bord.
Als Unternehmen fühlt sich Tui Cruises für die kommenden Jahre also gut aufgestellt?
Mit einer Flotte aus sieben Schiffen, davon sechs Neubauten, haben wir heute nicht nur die modernste, sondern auch die umweltfreundlichste Flotte weltweit und sind gut aufgestellt. Die Entscheidung, die weiteren Neubauten, die neue „1“ und „2“, etwas größer werden zu lassen, als die vier vorherigen Schiffe hat sich als goldrichtig erwiesen. Darüber hinaus haben wir durch den Erhalt der „alten“ „Mein Schiff 2“, mit der Tui Cruises gestartet ist, noch weitere Kapazitäten gewonnen. Das Schiff fährt als „Mein Schiff Herz“ bis 2022.
Der nächste Neubau ist für 2023 geplant. 2024 und 2026 kommen weitere Schiffe. Diese werden dann allerdings nicht mehr auf der Papenburger Meyer-Werft im finnischen Turku, sondern in Italien bei Fincantieri gefertigt. Welchen Grund gibt es für diesen Werften-Wechsel?
Das liegt unter anderem an Verfügbarkeiten. Wir sind sehr zufrieden mit der Meyer-Werft, 2023 bekommen wir ja noch ein Schwesterschiff aus Finnland. Aber wir wollen uns ja weiterentwickeln und Schiffe neu gestalten. Die Meyer-Werft konnte uns bis 2024 keinen neuen Prototyp anbieten. Daher haben wir uns umgeschaut, wer das machen könnte und so sind wir bei Fincantieri gelandet.
Wird damit auch eine ganz neue Konzeptphase eingeläutet?
Ja, das könnte sein. Woran wir aber auf jeden Fall festhalten werden, ist die Struktur unserer Schiffe. Das heißt eher lang und schmal, um dadurch viele Außenkabinen mit Balkon bieten zu können. Und wir werden weiterhin einen Schwerpunkt auf unsere bewährten großzügigen Außenbereiche legen. Denn unsere Zielgruppe, die weiterhin der deutschsprachige Reisemarkt sein wird, legt anders als viele andere Reisenationen Wert auf Aktivitäten an der frischen Luft. Vielleicht gibt es noch weitere Kabinenkategorien. Außerdem ist uns das großzügige Passagier-Raum-Verhältnis wichtig, mit dem wir in der Branche in unserem Segment ganz vorne liegen.
Das Gespräch führte Peter Hanuschke.
ist seit 2014 Geschäftsführerin bei Tui Cruises. Ihre Karriere startete die gebürtige Helgoländerin, Jahrgang 1968, bei Fischer Reisen und danach war sie unter anderem für C&N Touristik tätig.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.