An einem sonnigen Tag im Jahr 1939 macht sich der pensionierte Verwaltungsinspektor Friedrich Sorger mit seiner Kamera auf zu einem Foto-Spaziergang durch Bremen. Die Dias findet Jahre später der Enkel Gerald Sorger. Er restauriert sie und ermöglicht uns so einen Einblick in das idyllische Bremen des letzten Vorkriegssommers – und das sogar in Farbe.
Ein farbiger Fotorundgang im Jahr 1939 Bremer Alltag vor dem Krieg
An einem sonnigen Tag im Jahr 1939 macht sich der pensionierte Verwaltungsinspektor Friedrich Sorger mit seiner Kamera auf zu einem Foto-Spaziergang durch Bremen.
Das ist ... der heutige Werdersee. Wirklich, denn 1939 grasen dort, wo heute das Hotel und Restaurant "Zum Kuhhirten" liegt, auch tatsächlich Kühe! Hier könnte Friedrich Sorger seinen Foto-Rundgang durch Bremen begonnen haben. Das nächste Foto entsteht dichter an der Innenstadt.

Hier steht der Fotograf schon mitten in der Bremer Neustadt. Die Platanen am Ufer der Kleinen Weser sind 1939 noch recht klein. Heute will die Stadt Bremen die mächtigen Bäume fällen. Rechts ist...

... die Teerhofinsel zu sehen.

Ein junger Mann blickt von der Neustadt aus durch das Südportal der St.-Pauli-Brücke in Richtung Teerhof. Die Brücke ist die Verlängerung der Wachtstraße und führt lediglich über die kleine Weser. Hinter den Verstrebungen der Brücke scheint die Fassade des Bauhofs durch.

Vom Teerhof aus knipste Friedrich Sorger die Schlachte mit dem davor liegenden Radschlepper "Roland". Links daneben ist die Martinikirche zu sehen.

Etwas weiter flussabwärts: Die Schlachte mit der St.-Ansgari-Kirche im Hintergrund und dem Argo-Haus (kurz Reisbörse genannt) rechts. Das Kirchengebäude existiert nicht mehr. Vom Argo-Haus sind noch Teile erhalten. An der Langenstraße 42 kann man die schöne Häuserfront des ehemaligen Doppelgebäudes, das als Kontorhaus für die "Reis- und Handels-Actien-Gesellschaft Bremen" diente, noch heute bewundern.

Dieses Foto wurde von der Westbrücke aus aufgenommen. Vielleicht ist Friedrich Sorger dort über die Weser gelangt. Die Westbrücke wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Heute steht an der Stelle die Stephanibrücke. Im Bild zu sehen sind die Wichelnburg links und weiter hinten die Kaiserbrücke (heute Bgm.-Smidt-Brücke). Die alten Packhäuser auf der Wichelnburg sind bei den Bauarbeiten im Stephaniviertel im Jahr 2016 wiederentdeckt worden.

Ein paar Schritte entfernt das nächste Foto: Der Blick von der Wall-Brücke auf den Korffsdeich Richtung Walle.

Der Marktplatz macht seinem Namen im Jahr 1939 noch alle Ehre.

Der Marktplatz links und das Rathaus rechts von der Obernstraße. Vor dem Rathaus stand früher der Willehad-Brunnen. Er wurde 1883 errichtet, 1942 dann als Metallspende eingeschmolzen.

Vor dem Rutenhof am Domshof weht die Flagge der Nazis.

Auch der Teichmann-Brunnen auf dem Domshof wurde zum Opfer der Metallspenden. Er existierte nur bis zum April 1940. Errichtet wurde die Bronzegruppe im Jahr 1899.

Nicht viel los auf der Ecke Ostertorstraße / Altenwall. Rechts ist das ehemalige Polizeihaus zu sehen. Heute befinden sich noch eine kleine Polizeiwache, Gasttronomiebetriebe und die Stadtbibliothek in dem Haus. Im Hintergrund steht das Bremer Gerichtsgebäude.

Adrett, schick und aufgeräumt: Menschen genießen das schöne Wetter vor dem Überseemuseum. Das hieß damals allerdings "Deutsches Kolonial- und Überseemuseum".

Gepflegte Blumenbeete und hübsche Holzbänke auch vor dem Hauptbahnhof. Der Vorplatz hat sich verändert, die Fassade aber hat bis heute nichts von ihrem Charme eingebüßt.

Optisch ist es schon ähnlich, aber hier zu sehen ist das Parkhaus. Das heutige Parkhotel wurde später an derselben Stelle errichtet. Ein herrschaftlicher Hingucker ist das Haus trotzdem.

Das ist der Stern. 1939 hieß er allerdings anders, nämlich Spanischer Platz. So benannt zu Ehren der Legion Condor, einer deutschen Fliegereinheit, die im spanischen Bürgerkrieg auf Seiten Francos kämpfte.

"Hal över", rufen die Fahrgäste dem Fährmann entgegen, wenn sie mit der niedlichen Sielwallfähre vom Osterdeich auf die Werderinsel übersetzen wollen.

Denn den Badestrand auf der anderen Weserseite gibt es auch schon vor dem zweiten Weltkrieg. Er ist damals wie heute ein beliebter Ausflugsort. Das Café Sand wird später dazu gebaut.

Die Bremer Altstadt von der Werderinsel aus geknipst. Zu sehen sind auch einige Lastkäne an den Arkaden an der heutigen Tiefer.

Damals herrscht an der Tiefer noch reger Betrieb. Die Arkaden existieren heute noch. Die Häuser dahinter nicht mehr. Dort entlang führt nun die Straße an der Tiefer Richtung Osterdeich. Bemerkenswert ist auch der Winkel der Aufnahme von der Großen Weserbrücke aus. Die Brücke wurde zerstört, und an der Stelle befindet sich heute die Wilhelm-Kaisen-Brücke - allerdings um einige Meter versetzt.

Diesmal ist die Perspektive umgedreht: Die Westbrücke, wahrscheinlich aus erhöhter Position von der Kaiserbrücke aus aufgenommen.

Wie und warum sich Friedrich Sorger ins Blockland aufmacht, ist nicht bekannt. Aber ein Foto von der Blocklandautobahn - im Volksmund Waschbrett genannt - hat er in jedem Fall geschossen. Die Autobahn kennen wir heute als deutlich stärker frequentierte A27.

Aus dem Blockland könnte sich der Fotograf auf den Weg in den Hafen gemacht haben. Denn damals, ja, damals war noch richtig was los im Bremer Überseehafen. Kräne ragen in den Himmel und im Vordergrund liegen Schlepper des Norddeutschen Lloyd.

Der Holzhafen mit der alten Rolandmühle. Die Mühle ging in die Weltgeschichte ein, weil sie am 9. Februar 1979 explodierte. Es war eine der größten Explosionen weltweit in Friedenszeiten und die gewaltigste Mehlstaubexplosion in Deutschland.