Es wird in Thüringen darüber diskutiert und gestritten, ob Linke und CDU ein Bündnis eingehen sollten. In Bremen sind die Verhältnisse diesbezüglich längst geklärt – und angesichts des Streits, den sich Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) und CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp über ihre Twitter- und Facebook-Accounts lieferten, ist eine rot-schwarze Kombination als Option für eine nähere oder fernere Zukunft nicht unbedingt wahrscheinlicher geworden.
Röwekamp hatte das Wahlergebnis am Sonntag „einen Schock für die Demokratie“ genannt. Dass Linke und AfD vor der CDU liegen, sei „bedrückend“. „Damit haben die extremen Parteien zusammen mehr als 50 Prozent“, kommentierte er. Dass Röwekamp Linke und AfD auf eine Stufe stellte und beide als „extrem“ titulierte, wollte Vogt so nicht stehen lassen. „Ich darf daran erinnern, dass Herr Röwekamp mit der ,extremen‘ Linkspartei zwei Untersuchungsausschüsse eingesetzt und diverse gemeinsame Anträge gestellt hat“, antwortete sie, woraufhin sich beide ein Wortgefecht über Inhalte der Linken-Politik lieferten. Röwekamp jedenfalls will „weiter dafür kämpfen, dass die CDU weder mit der AfD noch mit den Linken Bündnisse eingeht.“
Ihn störe an den Linken vor allem, dass es wie bei der AfD „am Ende ein anderes Deutschland“ sei, das man mit deren bundespolitischen Ansätzen bekäme, sagte Röwekamp am Montag. „Natürlich finde ich Nationalsozialisten schlimmer als Linke, aber aus der Mitte betrachtet wollen beide den Staat so verändern, dass wir ihn in vielen Punkten nicht mehr wiedererkennen würden.“ Die Positionen der Linken, beispielsweise in puncto Abschaffung des Verfassungsschutzes und Austritt aus der Nato, seien „sehr extrem“, eine Zusammenarbeit inhaltlich nicht möglich.
Kristina Vogt dagegen hält die CDU für gut beraten, in einer aufgeladenen Situation nicht noch zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. „Ich finde diese Aussagen sehr irritierend“, sagte sie. „Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode sehr gut zusammengearbeitet. Und wir sind mit Sicherheit keine extremistische Partei.“ Röwekamps Aussagen entstünden ihrer Meinung nach aus „purer Verzweiflung“, weil die CDU in Ostdeutschland „massiv Wähler an die AfD verliert“.
Deutschland muss sich auf Dauer an Mehrparteien-Regierungen gewöhnen
Dabei ist es laut der Senatorin längst an der Zeit, über Parteienbündnisse jenseits der herkömmlichen Sortierung nachzudenken. Wahlergebnisse wie das in Thüringen zeigten einmal mehr, dass Deutschland sich auf Dauer an Mehrparteien-Regierungen gewöhnen müsse. Wenn das demokratische System überleben solle, sagte Vogt, „müssen sich auf Länderebene Parteien zusammenschließen, um den Menschen konkrete, pragmatische Lösungen anzubieten.“ Ohne Rücksicht auf althergebrachte Differenzen oder Vorbehalte.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) schloss sich Vogt an und warnte ebenfalls vor einem Extremismus-Vergleich. „Wer in dieser schwierigen Situation die ,Linke‘ immer wieder mit der proto-faschistischen Höcke-AfD gleichsetzt (,alles Extremisten‘), der hat leider nichts verstanden“, twitterte er. Wichtig sei es nun, dass sich in Thüringen möglichst schnell eine neue Regierung bilde. „Dabei sind alle demokratischen Parteien gefordert.“