Während die Zahl der kommunalen Bürgerbegehren deutschlandweit wächst, bildet Bremen das Schlusslicht: Nur neun Bürgerbegehren fanden hier in den 24 Jahren, seit die entsprechende Regelung eingeführt wurde, statt. Das zeigt der Bürgerbegehrensbericht der gemeinnützigen Organisation Mehr Demokratie. „Bremen hinkt etwas hinterher“, sagt Tim Weber, Geschäftsführer des Mehr-Demokratie-Landesverbandes Bremen. In Berlin waren es in den 13 Jahren seit der Einführung 43 Bürgerbegehren, in Hamburg in den vergangenen 20 Jahren 142. Niedersachsen, wo seit 22 Jahren Bürgerbegehren möglich sind, gab es 330 Verfahren.
Von den neun Bremer Bürgerbegehren war nur eines erfolgreich, drei wurden als unzulässig erklärt. 7503 Bürgerbegehrensverfahren gab es zwischen 1956 und 2017 deutschlandweit, die Hälfte zwischen den Jahren 2003 und 2007. Bürgerbegehren und nachfolgende Bürgerentscheide sind Abstimmungen in Kommunen, während Volksbegehren und Volksentscheide auf Landesebene stattfinden. So hat in Bremen die Bürgerinitiative für den Erhalt der Galopprennbahn ein Bürgerbegehren angestrengt, die Abstimmung über mehr Krankenhauspersonal war ein Volksbegehren. Da Länder wie Bayern, wo insgesamt 2910 Verfahren initiiert wurden, mehr Gemeinden haben, gibt es dort mehr Bürgerbegehren. Allerdings zeigt der Vergleich mit anderen Stadtstaaten auch, dass Bremen mit Abstand das Schlusslicht in Sachen direkter Demokratie ist. Dabei sind im Gegensatz zu anderen Bundesländern sogar Begehren zu Bauleitplanungen oder Kostendeckungsvorschläge zulässig. Deswegen bekommt Bremen eine Zwei plus und Bremerhaven eine Zwei minus für die zulässigen Themen. Niedersachsen benotet Mehr Demokratie wegen weniger zulässiger Themen mit einer Fünf plus.
Allerdings müssen in Bremen vor einem Bürgerbegehren Unterschriften gesammelt werden, als eine Art Zulassungsantrag. In den meisten anderen Bundesländern gibt es das nur bei Volksbegehren. „Das ist etwas nervig“, sagt Weber. Die geforderte Hürde von 4000 Unterschriften sei zudem hoch. Erst seit 2006 gebe es eine neue Regelung der Innenbehörde, wonach die Unterschriften direkt auch für das folgende Bürgerbegehren angerechnet werden. Ist das Bürgerbegehren zugelassen, müssen fünf Prozent der Wahlberechtigten in Bremen ihre Stimme dafür abgeben, sonst schafft es das Anliegen nicht zum Bürgerentscheid. In Berlin und Hamburg liegt die Hürde bei drei Prozent.
Trotzdem um direkte Demokratie nicht schlecht bestellt
Trotzdem ist es um die direkte Demokratie in Bremen nicht schlecht bestellt: Bei der Anwendungshäufigkeit landet das kleinste Bundesland auf Platz drei hinter Hamburg und Berlin. Da es im Land Bremen nur zwei Städte gibt, sind die Chancen, an einem Bürgerbegehren teilzunehmen, sehr hoch. So gibt es in hier durchschnittlich alle fünf Jahre ein Verfahren – in Rheinland-Pfalz dagegen nur alle 227 Jahre. Dass es in Bremen einen Aufwärtstrend gibt, zeigt auch der Blick auf die Anwendungshäufigkeit zwischen 2013 und 2017: Mit drei Verfahren in zwei Städten steht Bremen auf Platz zwei hinter Hamburg. Auch deshalb sieht die für Bürgerbegehren zuständige Innenbehörde das dreistufige Verfahren in Bremen nicht als Hemmnis an. Man sei keineswegs „weit hinten“, wenn man die Anzahl der Gemeinden und die Anzahl der Jahre, in denen Bürgerbegehren möglich waren, berücksichtige. In den vergangenen Jahren habe Bremen sogar einen Spitzenplatz belegt, sagt Rose Gerdts-Schiffler von der Innenbehörde.
Für die kommenden Jahre erhofft sich Tim Weber von Mehr Demokratie eine Trendwende in Bremen: In den anderen Stadtstaaten seien Bürgerbegehren in den vergangenen Jahren als wichtiges Instrument entdeckt worden. Und in Bremen gebe es immer mehr Initiativen, die durch Bürgerbegehren mitbestimmen wollen. „Es geht gerade richtig los“, sagt Weber.