Ein Zentrum für den Stadtteil, eine Straßenbahn bis zum „Waller Sand“ oder eine andere Erschließung des Bremer Großmarktes. Das sind nur ein paar Pläne für die Überseestadt. Es sind radikale und sehr konkrete Vorschläge, die der Bürgerschaftsabgeordnete Robert Bücking (Grüne) erarbeitet hat. In einem mehrseitigen Konzept, dass dem WESER-KURIER vorliegt, hat der Sprecher für Bau und Stadtentwicklung bei den Grünen einen Sieben-Punkte-Plan mit Karten, Grafiken und Visualisierungen aufgestellt, um eine breite Debatte anzustoßen.
Es muss sich radikal etwas verändern
„Auf das rasante und dynamische Tempo der Entwicklungen in der Überseestadt müssen wir bau- und verkehrspolitisch reagieren“, sagt Robert Bücking. Für den Stadtteil habe es immer wieder Pläne, neue Entwicklungen und Anpassungen gegeben. Es sei eine Geschichte der Korrekturen. Es müsse sich radikal etwas verändern, damit das, was bisher erreicht wurde, nicht gefährdet werde. „Wir müssen uns am Riemen reißen, um den Verkehr in der Überseestadt in den Griff zu bekommen“, fordert der Baupolitiker. Er hat sich nach eigenen Angaben mit zahlreichen Planern, Investoren und Projektentwicklern über die Überseestadt unterhalten. Die Schlussfolgerungen hat er nun zusammengefasst.
Um ein „Drama der Stadtentwicklung“ zu vermeiden, gehe kein Weg an einer Straßenbahn bis zum Wendebecken vorbei, ist Bücking überzeugt. Nach derzeitigen Plänen entstehe ein Quartier, das auf private Pkw ausgerichtet sei. Am Feierabend kämen diese Autos dann aber nicht mehr flüssig aus der Überseestadt heraus. In der politischen Debatte über ein Durchstich zwischen der Hafen- und der Nordstraße, um den Verkehr anders zu lenken, hatten mehrere Parteien ebenfalls Sympathie für eine Straßenbahn in der Überseestadt signalisiert.
Mit Ingo Damaschke, Projektentwickler vom Schuppen 3, hatte ein Unternehmer bereits öffentlich drauf gedrängt, über den Verkehr nachzudenken. „Die Straßenbahn muss einfach kommen. Die Stadt muss in Vorleistung gehen“, forderte Damaschke bei der Veranstaltungsreihe „Bremer Stadtdialog“ Ende April.
„Wir brauchen ganz klar eine Straßenbahn“
„Die Nachfrage ist riesig. Wir sind optimistischer denn je, was die Überseestadt angeht“, sagt Clemens Paul, Geschäftsführender Gesellschafter von Projektentwickler Justus Grosse. Allerdings müssten auch bestimmte Dinge nachrücken: „Wir brauchen ganz klar eine Straßenbahn“, so Paul. Die Konsul-Schmidt-Straße sei dafür ja eigentlich reserviert. Außerdem wünscht er sich einen Vollsortimenter für den Stadtteil, der in der Mitte beheimatet sein könnte. „Da besteht dringender Handlungsbedarf“, betont Paul. Das mittelständische Familienunternehmen Justus Grosse baute laut eigenen Angaben in der Überseestadt 1700 Wohnungen und schuf Büroflächen mit einer Größe von rund 180.000 Quadratmetern.
Einer der entscheidenden Punkte des Papiers: Ein Zentrum am östlichen Rand des Großmarktes zwischen Hochschule, BLG-Forum und Hafenhochhaus. Dort sollten unter anderem Gewerbe, Läden und Gastronomie angesiedelt werden. Dafür müsste es Veränderungen am 16 Hektar großen Gelände des Großmarktes geben, der dadurch anders erschlossen wird. Der Eingang soll von der Ostseite an die Nordseite, also an die Eduard-Suling-Straße verlagert werden. Lieferanten könnten dann andere, kürzere Wege abseits der Wohnanlagen nutzen, der Lkw-Verkehr konzentriert werden.
Für die mögliche Entwicklung einer neuen Mitte könnte der Großmarkt den östlichen Grundstückstreifen (zwei bis drei Hektar) einbringen, so der Vorschlag. Die wichtige Frischwaren-Logistik müsse dabei weiter funktionieren, eine Verlagerung des Großmarktes sei keine Option. Die Verantwortlichen des Großmarktes äußerten sich dazu noch nicht. Sie kündigten aber an, eine Stellungnahme oder ein neues Konzept zu möglichen Plänen zu erarbeiten, wenn das Fachressort sie dazu auffordere.
Weitere Ideen Bückings sehen vor, dass die Hochschule für Künste ein Gegenüber benötigt und es ein städtebauliches Konzept geben soll, welches auf die Veränderungen flexibel reagieren kann. Auch kann er sich schwebende Lasten vor dem Schuppen 1 vorstellen. Das Kaffee-Hag-Gelände soll zu einer Art Gründerzentrum entwickelt wird. Bücking hatte bei der vergangenen Bürgerschaftswahl selbst Ambitionen, Bausenator zu werden. Als Kritik oder als Affront gegen Senator Joachim Lohse will er seine Vorschläge aber keineswegs sehen. „Das interessiert mich in diesem Fall nicht, mir geht es um die Sache“, so Bücking.