In keinem Bundesland sind Patienten so unzufrieden mit der Behandlung in den Krankenhäusern wie in Bremen. Auch die Kliniken in Niedersachsen liegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Am besten schneiden die Kliniken in Sachsen und Bayern in der Gunst der Patienten ab. Das geht aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh hervor. „Es handelt sich um die größte kontinuierliche Befragung von Patienten in Deutschland zur Zufriedenheit mit der stationären Versorgung. Die Ergebnisse haben eine enorm hohe Aussagekraft über die Qualität und sollten von den Kliniken sehr ernst genommen werden“, sagt Jan Böcken, Projektleiter bei der Bertelsmann-Stiftung dem WESER-KURIER.
Die Studie basiert auf rund einer Million Fragebögen, die Patienten in den Jahren 2015 und 2016 jeweils zwei bis acht Wochen nach einem Krankenhausaufenthalt abgegeben haben. Erhoben werden die Daten von den Krankenkassen AOK und Barmer in Zusammenarbeit mit der Weissen Liste. In dem Online-Portal der Bertelsmann-Stiftung können sich Patienten über die Qualität einzelner Krankenhäuser informieren.
Zufriedenheit in Bremen liegt bei 73,9 Prozent
Die Patienten wurden unter anderem danach gefragt, ob sie ein Krankenhaus, in dem sie behandelt wurden, weiterempfehlen können: „Niedersachsen und Bremen fallen hierbei im Bundesländer-Vergleich besonders negativ auf“, betont der Gesundheitsexperte. Die Zufriedenheit mit den Bremer Kliniken liegt bei gerade einmal 73,9 Prozent, Sachsen als Spitzenreiter erreicht 82 Prozent und liegt damit ebenso wie Bayern (81,7 Prozent) deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 79,3 Prozent. Besonders unzufrieden sind auch die Patienten in Niedersachsen, mit 76,7 Prozent rangieren die Kliniken an vorletzter Stelle.
Auch in allen anderen wesentlichen Bereichen haben die Bremer Kliniken aus Sicht der Patienten die schlechteste Versorgungsqualität: bei der ärztlichen Versorgung, der pflegerischen Betreuung sowie der Bewertung durch die Patienten, ob sich ihr Gesundheitszustand nach dem Krankenhausaufenthalt verbessert hat. Auch mit der Behandlungsqualität in zentralen Fachbereichen wie der Chirurgie und der Inneren Medizin sind die Patienten in Bremen am unzufriedensten. Niedersachsen liegt in diesen Punkten ebenfalls unter dem Bundesschnitt.
"Gründe sind bei den Kliniken zu suchen"
"Die großen Differenzen sind nicht durch Unterschiede in der Bevölkerungsstruktur zu erklären", betont Projektleiter Böcken. "Die Gründe sind bei den Kliniken zu suchen, aber auch bei den Bundesländern, die für Krankenhausinvestitionen zuständig sind. Niedersachsen etwa hat seine Kliniken in den letzten 25 Jahren vergleichsweise wenig unterstützt. Bremen hat aufgrund seiner finanziellen Lage ohnehin mit besonderen Problemlagen zu kämpfen." Der Gesundheitsexperte fordert zudem, die Länder müssten die Kliniken bei der Einhaltung von Qualitätsvorgaben viel stärker in die Pflicht nehmen. "Werden sie nicht erfüllt, muss sich das zum Beispiel auf die Vergabe von Landesmitteln oder die Zulassung einzelner Fachabteilungen auswirken. Das spielt aber kaum eine Rolle." Dazu komme, dass die Perspektive der Patienten nirgendwo dauerhaft und systematisch in die Krankenhausplanung einfließe. Böcken: "Patienten können nicht nur beurteilen, wie sauber eine Klinik ist oder wie gut das Essen schmeckt, die Wahrnehmung der Patienten korreliert auch mit Indikatoren für die Patientensicherheit und den Behandlungserfolg.
Bei der AOK Bremen/Bremerhaven ist die Studie auf besonderes Interesse gestoßen: „Wir nehmen die Ergebnisse ernst. Die einzelnen Krankenhäuser müssen sich fragen lassen, warum die Zufriedenheit so gering ist wie in keinem anderen Bundesland. Sie zeigen auch, dass der Abstand zwischen sehr gut und vergleichsweise schlecht beurteilten Krankenhäusern in Bremen und Bremerhaven besonders groß ist“, sagt der Vorstandsvorsitzende Olaf Woggan. „Natürlich stellen uns die Ergebnisse im Ganzen nicht zufrieden.“
Die Kliniken hätten unterschiedliche Probleme, die sie lösen müssten. Entscheidend seien Organisation und Patientenführung, Hygiene, medizinische Standards, Pflege und Personalführung. Es gebe eine Vielzahl von Stellschrauben, die in der Krankenhausplanung immer wieder überprüft werden müssten, so Woggan. Das AOK-System setze sich daher stark für Transparenz und Verbesserung der medizinischen Qualität im Krankenhaus ein, etwa für Mindestmengen bei bestimmten Operationen als feste Vorgabe sowie gesetzliche Rahmen zur Qualitätssicherung.
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