Wohnen ist ein Grundrecht eines jeden Menschen – unabhängig von seiner körperlichen oder geistigen Verfassung. Der Martinsclub setzt sich dafür ein, Menschen mit einer Beeinträchtigung das Wohnen in maximaler Selbstständigkeit zu ermöglichen. Dazu entwickeln wir innovative Konzepte, die den jeweiligen individuellen Bedürfnissen entsprechen. Sobald aber ein komplexer Hilfebedarf, also eine als besonders stark definierte Beeinträchtigung vorliegt, stoßen wir immer wieder auf das gleiche Hindernis: die sogenannten „Kosten der Unterkunft“. Die Stadt Bremen übernimmt diese im Rahmen der Sozialgesetzgebung. Jedoch erweisen sich die festgelegten Summen in der Praxis häufig als zu niedrig.
Bei Vorliegen eines komplexen Hilfebedarfs bestimmen amtliche Einzelfallentscheidungen die Höhe der Zuwendungen. Dies ist für Leistungserbringer in der Behindertenhilfe wenig nachvollziehbar – und bedeutet neben fehlender Planungssicherheit immer auch ein hohes finanzielles Risiko. Da Wohnungen für Menschen mit entsprechendem Hilfebedarf jedoch speziellen Anforderungen genügen müssen, fallen sie aus der herkömmlichen Förderung heraus. Fahrstühle, Flure, Türen und Zugänge müssen rollstuhlgerecht, also sehr breit ausgebaut sein. Zur Grundausstattung barrierefreier Badezimmer gehören allerlei sanitäre Hilfsmittel, etwa spezielle und technisch komplexe Pflegebadewannen. Auch in der Küche und in den sonstigen Wohnräumen sind bestimmte Ansprüche baulicher Art zu erfüllen.
Finanzielle Lücken können nicht aufgefangen werden
All dies ist natürlich teuer und führt dazu, dass Mieten und Nebenkosten die „Kosten der Unterkunft“ übersteigen. Weder die Träger, noch die ohnehin schon sehr kooperativen und kompromissbereiten Wohnbaugesellschaften können diese finanzielle Lücke auffangen. Für die Zielgruppe mit komplexem Hilfebedarf sind ambulante Wohnangebote daher meist schon bei der Planung zum Scheitern verurteilt.
Hier stellt sich die Frage: Was wollen wir? Wollen wir allen Menschen ermöglichen, selbstbestimmt und selbstständig zu leben? Oder wollen wir, dass Menschen mit mobiler und kognitiver Beeinträchtigung ausschließlich in stationären Heimen betreut werden?
Im Sinne des Bundesteilhabegesetzes und der Inklusion muss die Antwort klar sein. Bestehende Wohnangebote beweisen, dass die Betreuung im Sozialraum, in der Mitte der Gesellschaft, gelingen kann. Dafür braucht es zeitnah eine Lösung – konzeptionell und finanziell. Die rot-grün-rote Koalition im Land Bremen muss hier dringend handeln.
Unser Gastautor
ist Mitglied der Geschäftsleitung des Martinsclub Bremen. Der Verein begleitet und betreut in der Hansestadt Menschen mit Beeinträchtigungen.