Der Senat will für eine Verbesserung der ärztlichen Versorgung in Pflegeheimen sorgen. Über das sogenannte Landesgremium, in dem unterschiedliche Akteure der gesundheitlichen Versorgung in Bremen vertreten sind, soll der Ausbau von Kooperationsverträgen zwischen Ärzten und Heimen vorangetrieben werden.
Dies ist das Ergebnis einer Senatsantwort auf eine Große Anfrage der CDU-Fraktion. Einen Dringlichkeitsantrag der Christdemokraten lehnte die Bürgerschaft Ende vergangener Woche allerdings ab: Danach sollte die Wohn- und Betreuungsaufsicht der Sozialbehörde künftig prüfen, ob vor einer Klinikeinweisung ein Arztkontakt gegeben war – und wenn nicht, warum dieser nicht erfolgte.
Anlass für den Vorstoß war eine Studie der Universitäten Oldenburg und Bremen, deren Ergebnisse im Oktober vorgestellt wurden. Danach werden Pflegeheimbewohner in Bremen und dem niedersächsischen Umland zu häufig und oftmals unnötig in Notaufnahmen und Krankenhäuser eingeliefert. 14 Heime in Bremen und dem Umland wurden nach Angaben des Bremer Mediziners und Wissenschaftlers Guido Schmiemann in die Studie einbezogen (wir berichteten).
Die zentralen Ergebnisse: Etwa jeder zweite der erfassten 802 Bewohner war dement, ein Viertel über 90 Jahre alt. Im Untersuchungszeitraum von einem Jahr ergab die Statistik 627 Klinikaufenthalte, darunter befanden sich auch Mehrfachaufnahmen, sodass sich im Schnitt pro Bewohner 0,78 Aufenthalte ergaben. Die häufigsten Gründe waren laut der Studie Stürze, Unfälle, Verschlechterungen des Allgemeinzustands und neurologische Ausfälle. Das höchste Risiko für ungeplante Krankenhaustransporte hätten Männer sowie Heimbewohner mit höherem Pflegegrad.
Die Autoren der Studie machen vor allem Mängel in der Kommunikation und bei der Kooperation zwischen Heimen und Ärzteschaft aus. Laut Schmiemann war in jedem zweiten Fall die Arztpraxis nicht über Beschwerden oder das akute Ereignis informiert. Die Forscher empfahlen als eine mögliche Lösung, dass die Einrichtungen Checklisten mit einem Ablaufschema für die Pflegekräfte entwickeln. Klinikaufenthalte seien für pflegebedürftige Menschen mit Risiken verbunden: „So ist etwa das Risiko für Infektionen und Verwirrtheit erhöht“, sagte Schmiemann.
CDU: An Stellschrauben drehen
Der Senat verwies neben dem Ausbau von Kooperationsverträgen zwischen Heimen und Ärzten in seiner Antwort unter anderem auf den Bund, der eine Reform der Notfallversorgung angekündigt habe. „Aus der bereits vorliegenden Arbeitsfassung dieses Gesetzentwurfs ist ersichtlich, dass die geplanten Strukturveränderungen auch Einfluss auf die Einweisungspraxis ins Krankenhaus haben werden.“ Darüber hinaus sei geplant, in der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle eine softwaregestützte standardisierte Notrufabfrage einzuführen, mit der die Disponenten „ein medizinisches Hilfeersuchen“ über die Notrufnummer 112 noch besser einschätzen könnten – um die Patienten in die entsprechende Versorgungsstruktur weiterzuleiten.
Neben dem Rettungsdienst könne dies je nach Dringlichkeit und Ersteinschätzung auch der ärztliche Bereitschaftsdienst sein. Abgeordnete von SPD, Linken, Grünen und FDP betonten bei der Bürgerschaftsdebatte, den Pflegekräften in den Heimen könnten keinerlei Vorwürfe gemacht werden, sie handelten nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle der Bewohner: Bei Stürzen, Unfällen, Verwirrtheit oder anderen akuten Ereignissen – vor allem auch, wenn eine ärztliche Abklärung außerhalb der Praxiszeiten nicht möglich sei – sei der 112-Notruf zwingend. Eine Überwachung durch die Heimaufsicht befördere nur eine Misstrauenskultur, löse aber nicht das strukturelle Problem. Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Sigrid Grönert, kritisierte, dass nicht allein auf Reformen aus dem Bund gewartet werden dürfe. Sie forderte: „Wir müssen selbst stärker an Stellschrauben drehen.“