Es gab eine Zusammenarbeit zwischen Peter Beck und dem Verein Fluchtraum Bremen, bestätigt die Leiterin des Vereins, Dagmar Koch-Zadi. 2014 war das. Da habe er über die Vermittlung des Vereins die Patenschaft für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aus Somalia übernommen. Als engagiert, verständnisvoll und wertschätzend gegenüber den Jugendlichen habe man ihn damals wahrgenommen. „Aber er hat sich nicht in unserem Verein engagiert und er ist auch kein Vereinsmitglied.“
Dass Koch-Zadi dies ausdrücklich betont, liegt im weiteren Werdegang von Peter Beck begründet. Denn der Bremer ist 2017 in die AfD eingetreten und sitzt inzwischen in der Bremischen Bürgerschaft. In einem Interview im WESER-KURIER hatte Beck sein damaliges Engagement in der Flüchtlingsarbeit und für Fluchtraum erwähnt. Was bei einigen Vereinsmitgliedern zu Irritationen geführt hat, berichtet Koch-Zadi und stellt klar: „Für uns ist die AfD keine demokratische Partei.“ Engagement für die AfD ist für Fluchtraum ein Ausschlusskriterium, ergänzt ihre Mitarbeiterin Insa Bertram. Die „menschenverachtende Politik“ dieser Partei sei unvereinbar mit den Vereinszielen.
Seit 2014 hat Fluchtraum Bremen ungefähr 500 Mentoren oder Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge organisiert. Die Zahl der Vormundschaften ist seither stark zurückgegangen, derzeit sind es noch elf. Was aber in der Natur der Sache liegt: Aus den Jugendlichen von damals sind Erwachsene geworden, damit liefen die Vormundschaften aus, erklärt Koch-Zadi. Rund 200 sogenannte Mentoren würden die jungen Flüchtlinge aber auch weiterhin begleiten.
Insgesamt engagierten sich derzeit 243 Bremerinnen und Bremer auf vielfältige Art und Weise ehrenamtlich für Fluchtraum. Als Mentor, im Beratungscafé, im Lerntreff, in Projekten zur Jugendbegegnung, in Filmworkshops..., zählt die Leiterin des Vereins auf. „Dank ihres hohen Engagements gibt es viele Erfolgsgeschichten vom guten Ankommen und Bleiben dieser jungen Menschen.“
Die Erfahrungen von Peter Beck gehören nicht zu diesen Erfolgsgeschichten. Er hatte zunächst die Patenschaft für einen jungen Somalier übernommen, dann einen jungen Mann aus Afghanistan betreut. Was aber letztlich in beiden Fällen scheiterte. Auch das sei nicht ungewöhnlich, sagt Dagmar Koch-Zadi. „Es gibt keine Garantie für gelungene Integration.“
Beck habe die Vormundschaft seinerzeit im Rahmen des üblichen Verfahrens übernommen: Erster Kontakt über einen Info-Abend, Beratungsgespräche, dann die Anbahnung der Mentorenschaft mit einem jungen Flüchtling und eine mehrmonatige Kennenlernphase. Schließlich die Vormundschaftsberatung, die interne Prüfung seiner Eignung und der Antrag auf Vormundschaft beim Familiengericht. „Das ist ein ausführlicher Prozess, in dem wir sehr genau schauen, ob der Ehrenamtliche und der Jugendliche wirklich zueinander passen“, erläutert Insa Bertram.
Trotzdem könne es Probleme geben. „Natürlich verläuft nicht jede Mentorenschaft oder Vormundschaft konfliktfrei ab“, sagt Koch-Zadi. Aber auch das liegt für sie in der Natur der Sache. „Das gehört doch zur schwierigen Übergangsphase von Heranwachsenden dazu, auch für Jugendliche, die in Deutschland geboren wurden. Dass sie sich abkapseln und auf Distanz zu ihren Eltern gehen.“
"Wir bleiben natürlich weiter Ansprechpartner"
Übernimmt ein Ehrenamtlicher die Vormundschaft oder die Pflegeelternschaft für einen jugendlichen Flüchtling, dann ist Fluchtraum nicht mehr zuständig. Dies sind dann in erster Linie die Fallmanager des Jugendamtes, die Betreuer der Jugendhilfeeinrichtungen oder auch die gemeinnützige GmbH Pflegekinder in Bremen (PiB). „Aber auch wir bleiben natürlich weiter Ansprechpartner“, betont Koch-Zadi. Auch und gerade, wenn sich Schwierigkeiten abzeichnen. Hierfür gebe es regelmäßige Beratungstermine und Schulungen des Vereins.
Angebote, die Peter Beck seinerzeit aber nicht in Anspruch genommen habe. „Darüber, dass der Jugendliche aus Somalia ‚völlig aus dem Ruder lief‘ haben wir erst bei einer routinemäßigen Abfrage im September 2017 erfahren“, nimmt die Leiterin von Fluchtraum noch einmal Bezug auf das Interview des AfD-Abgeordneten. Dort hatte Beck von Konflikten mit den beiden von seiner Familie aufgenommenen Jugendlichen berichtet. Und davon, dass er sich dabei von den Behörden im Regen stehengelassen gefühlt habe.
Als Beck in dem Telefonat 2017 mitgeteilt habe, dass es keinen Kontakt mehr zu den beiden Flüchtlingen gebe, endete die Verbindung zu Fluchtraum. „Damit galt er als Ehemaliger und wir haben ihn aus unserer Liste der Aktiven gestrichen.“ Die heutigen Äußerungen Becks zur deutschen Flüchtlingspolitik hält Fluchtraum für pauschalisierend und polemisch. „Unsere damaligen Mitarbeiter hat er gerade durch seine differenzierten Aussagen überzeugt“, sagt Koch-Zadi. „Erstaunlich, in welch kurzer Zeit er eine Wandlung vollzogen hat: sozusagen vom Paulus zum Saulus.“