So hat es Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantzw aus seinem Urlaub mitteilen lassen. Mit ihm sei eine Anhebung nicht zu machen. Eine Erhöhung des Hebesatzes von 460 auf 470 Punkte, so wie es Bremen plant, könne sich die Seestadt nicht erlauben.
„Auf der einen Seite stehen wir in Konkurrenz zu niedrigeren Steuersätzen im niedersächsischen Umland“, sagte Bremerhavens Sprecher Volker Heigenmooser dem WESER-KURIER. „Auf der anderen Seite sind wir mit den Umlandgemeinden im Gespräch, wie wir gemeinsam Gewerbeflächen entwickeln können.“
In einer solchen Situation sei die Erhöhung der Gewerbesteuern ein völlig falsches Signal. Zur Konkurrenz im Umland gehört auch Cuxhaven. Dort liegt der Hebesatz derzeit bei 420. Die Stadt ist im Standortwettbewerb mit Bremerhaven unter anderem bei Unternehmen aus der Offshore-Windenergiebranche.
Wichtiges Signal an die Wirtschaft
Die gemeinsame Handelskammer für Bremen und Bremerhaven begrüßte die Haltung von Melf Granz. Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger sagte: „Dies ist ein wichtiges Signal an die Bremerhavener Wirtschaft, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen in der Seestadt ernst nimmt.“
In der Debatte um die Gewerbesteuern müsse gerade in einem Stadtstaat wie Bremen die unmittelbare Konkurrenz der Umlandgemeinden berücksichtigt werden. Fonger fügte an: „Die Bremerhavener Unternehmen leisten seit Jahren einen kontinuierlich wachsenden Beitrag zu den Steuereinnahmen der Seestadt.“
Allein zwischen 2010 und 2016 haben laut Handelskammer die Gewerbesteuereinnahmen von 30 auf 47 Millionen Euro zugelegt. „Die Wirtschaft leistet also ohnehin schon einen großen Beitrag zur Sanierung der öffentlichen Haushalte“, so Fonger.
Es darf einen Wettbewerb geben
Künftig gelten nun unterschiedliche Hebesätze in den zwei Städten innerhalb des Landes Bremen. In Flächenbundesländern ist das nicht ungewöhnlich und soll auch so sein, wie Tobias Hentze, Steuerexperte vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), sagt: „Der Grundgedanke bei der Gewerbesteuer ist, dass es hier einen Wettbewerb unter den Städten und Gemeinden geben darf. Und das gilt auch, wenn ein Bundesland nur aus zwei Städten besteht. Außerdem gibt es ja auch den Wettbewerb gegenüber dem niedersächsischen Umland.“

Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz lehnt für seine Stadt eine Erhöhung der Gewerbesteuer ab: "Mit mir als OB ist das nicht zu machen."
Zur Argumentation, dass Bremen die Mehreinnahmen für Bildungsausgaben investieren will, meinte Hentze: „Wenn die Mehreinnahmen für die Bildung ausgegeben werden sollen, steht dem gegenüber, dass das Land Bremen ja auch unter anderem bereits aus dem Länderfinanzausgleich Gelder erhält, die für Bildungsausgaben verwendet werden können.“
Der Steuerexperte forderte daher: „Bremen sollte eher versuchen, seine wirtschaftliche Dynamik zu verbessern. Die Erhöhung der Gewerbesteuer birgt da ein gewisses Risiko. Denn auf dieser Basis machen sich Unternehmen schon Gedanken, ob sie nicht ins niedersächsische Umland abwandern sollten.“
Hebesatz dient als Multiplikator
Ein Unternehmen, das eine Ansiedlung in Bremen erwogen habe, werde nun möglicherweiser lieber in eine Umlandgemeinde mit einem niedrigeren Hebesatz ziehen. Der Hebesatz dient als Multiplikator, mit dem errechnet wird, wie viele Steuern ein Unternehmen zu zahlen hat.
Einen Hebesatz von 470, wie ihn Bremen jetzt einführen will, sieht Tobias Hentze schon eher am oberen Ende, gibt aber zu bedenken: „In Nordrhein-Westfalen gibt es Gemeinden, die bereits die 500er-Marke überschritten haben.“ Dass die Hebesätze in Städten tendenziell höher sind als in Umlandgemeinden, ist für den Steuerexperten nachvollziehbar: „Sie verfügen eben auch über mehr Infrastruktur als die kleineren Umlandgemeinden. Diese Infrastruktur erfordert eben auch eine größere Unterhaltung.“
In Bremens Finanzressort zeigte man sich gelassen. Es handele sich um eine kommunale Steuer, deswegen sei dies eine Angelegenheit der Seestadt. „Wenn Bremerhaven so hinkommt mit dem Geld, dann ist das schön zu hören“, hieß es aus der Finanzbehörde.
1810 im preußischen Staat eingeführt
Bremerhavens Sprecher Volker Heigenmooser sagte: „Die Stadt wird mit dieser Entscheidung unter Druck geraten – nach dem Motto: Ihr wollt Geld haben, aber ihr tut nichts dafür.“ Vor der letzten Erhöhung sei Bremerhaven von Bremen zu diesem Schritt gedrängt worden.
Im November 2015 hatte die Seestadt den Hebesatz von 435 auf 460 angehoben, um zu Bremen aufzuschließen. Wegen der Finanznot erließ der Magistrat der Stadt Bremerhaven damals gleichzeitig eine Haushaltssperre. Historisch reicht die Gewerbesteuer ähnlich wie die Kaffeesteuer auf den preußischen Staat zurück. Dort wurde die Gewerbesteuer 1810 eingeführt.
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