
Voll wird's werden, laut und bunt. Davon kann man ausgehen bei der Breminale, die am Mittwoch, 3. Juli, beginnt und bis Sonntag, 7. Juli, wieder rund 200 000 Besucher an den Osterdeich locken wird. Und, davon kann man auch ausgehen, wenn so viele Menschen im öffentlichen Raum aufeinandertreffen, zumal nicht wenige berauscht von dem einen oder anderen Kaltgetränk: Einige vergessen irgendwann die normalen Benimmregeln.
Sie halten dann zum Beispiel die Vorgärten der Häuser in den Seitenstraßen für Urinale oder Mülleimer – was wiederum die Bewohner besagter Häuser nicht erst im vergangenen Jahr extrem verärgerte. Für sie, aber auch für die Umwelt wollen die Breminale-Macher der Concept Bureau UG, die das Deichfestival im zweiten Jahr ausrichten, nun mehr tun. Sie haben eine Respekt-Kampagne ins Leben gerufen, bei der große Banner auf dem Gelände und über die Seitenstraßen gespannt sind und auf, wie sie es nennen, „problematische Verhaltensweisen“ aufmerksam machen sollen.
Der Anstoß war, dass sie nach der Breminale 2018 länger mit zwei der verärgerten Anwohner zusammensaßen und gemeinsam überlegten, was man tun könne, um die Situation zu verbessern, erzählt Jonte von Döllen, künstlerischer Leiter. „Wir wollen an die Moral und an die Vernunft der Leute appellieren. Mit der Kampagne sagen wir zum Beispiel: Hey, bitte verlasst den Platz so, wie ihr ihn vorgefunden habt.“ Oder eben: Schmeißt eure Kippen und Flaschen nicht aufs Gelände oder in die Seitenstraßen. Grölt auf dem Nachhauseweg nicht herum und uriniert nicht in die Gegend.
„Die Breminale hat als Festival mitten in der Stadt einen besonderen Stellenwert“, sagt von Döllen. „Wir wollen eine gute Nachbarschaft, ihre Probleme ernst nehmen.“ Wer übrigens in der Nähe des Osterdeichs wohnt und sich vorstellen kann, dass eins der Banner an seinem Haus befestigt wird, kann sich mit einer E-Mail an die Adresse festival@breminale.de an die Organisatoren wenden.
Sie hoffen, dass ihre Kampagne von möglichst vielen Besuchern ernstgenommen wird – denn Sanktionen wie Platzverbote planen sie nicht. „Aber natürlich sprechen wir den Betreffenden an, wenn wir wen erwischen, der sich daneben benimmt“, sagt von Döllen. Neben einem möglichst friedlichen Miteinander hat die Respekt-Kampagne aber auch eine möglichst nachhaltige Breminale zum Ziel.
Das „Umsonst und draußen“-Festival versteht sich seit seinem Beginn als alternatives Straßenfest als Veranstaltung mit ökologischem Bewusstsein: Die Boxen und Verstärker der Bühnen laufen mit Ökostrom, statt Glühbirnen leuchten LEDs und es gibt Mehrwegsysteme im Gastronomiebereich. An den Essensständen und Cocktailbuden gelten im Juli noch strengere Regeln, denn sämtliches Geschirr, Besteck sowie Strohhalme aus Plastik sind erstmals verboten. „Das ist in den Verträgen mit den Gastro-Partnern festgehalten“, sagt von Döllen.
In den „kommenden Jahren“ soll es weitere Schritte geben, kündigt das Breminale-Team schon mal an – korrekt wäre hier allerdings der Konjunktiv. Denn noch steht nicht fest, ob sich die Concept Bureau UG im „Interessenbekundungsverfahren für ein Festival an der Weser 2020 bis 2022“, zu dem die Kulturbehörde im November 2018 aufgerufen hatte. Rund um das Verfahren und den Zeitpunkt der Ausschreibung hatte es Ärger zwischen den Fraktionen sowie zwischen Behörde und den Mitgliedern der Kulturdeputation gegeben. Unstrittig aber ist, dass in dem Ausschreibungstext neben anderen Punkten auch ökologische Auflagen wie Konzepte zur Müll- und Plastikvermeidung als Bedingungen stehen.
Damit hebt sich die Breminale von anderen Großveranstaltungen wie Freimarkt und Osterwiese in Bremen ab. Das steht auch in einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Bürgerschaftsabgeordneten Nima Pirooznia. Er hatte wissen wollen, inwieweit Klima- und Umweltschutzauflagen bei Genehmigungen eine Rolle spielen. Laut Senat spielen sie keine, weil diese Aspekte weder in der Gewerbeordnung (gilt für Märkte) noch im Bremischen Landesstraßengesetz (gilt für öffentliche Veranstaltungen) auftauchen.
Dem Grünen ist das zu wenig, er könnte sich ein grundsätzliches Nachhaltigkeitskonzept für die Bremer Feste vorstellen. „Mir fehlt die Initiative der Stadt“, sagt Pirooznia, gerade weil sich die Stadt ja zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung bekenne.„Bremen hat tolle Veranstaltungen, die man auch klima- und umweltfreundlicher ausrichten könnte. Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe für alle gesellschaftlichen Bereiche“, sagt er. Die Umweltschutz-Ansätze der Breminale sind für ihn Ideen, die sich auch auf andere Konzepte übertragen ließen. Pirooznia: „Natürlich braucht es immer ein Momentum, solche Dinge anzugehen. Aber das ist nicht zuletzt durch die „Fridays For Future“-Bewegung da.“
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