Die Erweiterung des Landesparlaments um drei weitere Sitze ist offenbar so gut wie beschlossen. In den Fraktionen gibt es eine breite Mehrheit für das Vorhaben, auch wenn bei manchen stadtbremischen Abgeordneten die Begeisterung nicht sehr ausgeprägt ist. Voraussichtlich wird die Bürgerschaft schon im Juli über die Pläne abstimmen.
Wie berichtet, ist durch die unterschiedliche Entwicklung bei der Zahl der Wahlberechtigten in Bremen und Bremerhaven Handlungsdruck entstanden. Eine Bremerhavener Stimme hat bei der Zusammensetzung der Bürgerschaft tendenziell mehr Gewicht als eine Bremer, und bei dieser demografischen Unwucht ist inzwischen die Grenze des Zulässigen erreicht. Die Innenbehörde hatte vor diesem Hintergrund mehrere Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, darunter auch die Verringerung der Zahl der Bremerhavener Mandate von 15 auf künftig 14. Die rechtssicherste Variante sei allerdings, es bei diesen 15 Sitzen zu belassen und im Gegenzug drei zusätzliche Bremer Sitze zu schaffen. Die Gesamtzahl der Mandate in der nächsten Bürgerschaft stiege damit von derzeit 84 auf künftig 87.
Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU) ist der einzige Akteur von Gewicht, der diesen Plänen widerspricht. Dem WESER-KURIER sagte er, eine weitere Vergrößerung des Parlaments sende kein gutes Signal an die Öffentlichkeit. Er halte es deshalb für besser, auf einen Bremerhavener Sitz zu verzichten. Spätestens in der nächsten Legislaturperiode müsse eine Lösung für das Problem gefunden werden, dass sich die Gewichte zwischen Bremen und Bremerhaven immer weiter verschieben.
13 Mandatsträger pro 100.000 Einwohner
Allerdings ist Imhoff mit seiner Haltung sogar in der eigenen Fraktion eher in der Minderheit. Unterstützung erfährt er nur von außerhalb des Politikbetriebs, nämlich vom Verein "Mehr Demokratie". Dessen Sprecherin Katrin Tober hält Bremerhaven in der Bürgerschaft auch dann für gut repräsentiert, wenn die Zahl der Seestadt-Abgeordneten auf 14 reduziert würde. Im kleinsten Bundesland gebe es derzeit 13 Mandatsträger pro 100.000 Einwohner. In Berlin seien es vier, in Hamburg sieben, also deutlich weniger. Aus Tobers Sicht spricht nichts für eine Aufstockung der Abgeordnetenzahl.
Die SPD stellt sich dagegen ausdrücklich hinter die angestrebte Parlamentsvergrößerung. Es gehe um Rechtssicherheit bei der Bemessung des korrekten Verhältnisses zwischen Bremen und Bremerhaven. Fraktionschef Mustafa Güngör griff Frank Imhoff am Mittwoch direkt an und warf ihm vor, "populistisch unterwegs" zu sein. Für die Grünen ließ ihr Fraktionsvorsitzender Björn Fecker anklingen, dass ihm die Aufstockung nicht sonderlich sympathisch ist. "Angesichts der großen Belastungen von Menschen infolge steigender Energiepreise und hoher Inflation würde eine Vergrößerung des Landesparlaments für uns wahrlich nicht oben auf der Agenda stehen", so Fecker. Angesichts des Handlungsdrucks müsse die jetzt von der Innenbehörde vorgeschlagene Lösung aber als "verfassungsrechtlich unbedenklichste Lösung" gelten. Auch für Linken-Fraktionschef Nelson Janßen ist dies das entscheidende Argument. Er kündigte an, seine Fraktion werde der Empfehlung folgen. Ähnlich sieht es der FDP-Abgeordnete Magnus Buhlert. Die Bürgerschaft müsse in der Lage sein, "ihrem Auftrag und ihrer Rolle gerecht zu werden".