
Erste waren die Grünen in Bremen öfter. Hier zog die Bremer Grüne Liste (BGL) im Oktober 1979 mit vier Abgeordneten in ein deutsches Landesparlament ein, noch vor Gründung der Bundespartei. Ihr Mitglied Marieluise Beck wurde 1983 Sprecherin der ersten Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, gemeinsam mit Petra Kelly und Otto Schily. In Bremen waren die Grünen ab 1991 Teil der bundesweit ersten Ampel-Koalition.
Letztere sprengten sie freilich kurz vor Ende der Legislaturperiode in die Luft: Der grüne Umweltsenator Ralf Fücks hatte ein geplantes Gewerbegebiet einfach bei der EU als Vogelschutzgebiet angemeldet – ohne Rücksprache mit den Koalitionspartnern. Die "Piepmatz-Affäre" bescherte den Bremer Grünen bundesweit Schlagzeilen – und zwölf Jahre Opposition gegen eine übermächtige rot-schwarze Regierung.
Es gab zuvor aber auch interne Reibereien. Etwa, als sich männliche Grüne darüber mokierten, ihre Parteifreundin Helga Trüpel führe als Kultursenatorin ja bloß ein "Puppenstuben-Ressort". Trüpel machte dann lieber in Brüssel weiter, nachdem sie 2004 bei der Europawahl 22,3 Prozent erhalten hatte. Fücks zog es unterdessen ohne Mandat nach Berlin: Hier baute er die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung zu einem global vernetzten und agierenden Think-Tank auf.
Auch Fücks' Ehefrau Marieluise Beck hat inzwischen ein beschädigtes Verhältnis zum Bremer Landesverband. Der wollte die langjährige und über die Parteigrenzen hinweg respektierte Außenpolitikerin nicht mehr zur vorigen Bundestagswahl aufstellen. Schon vier Jahre zuvor musste sich Beck einer Kampfabstimmung gegen die jüngere Ärztin und Bürgerschaftsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther stellen: Damals gewann sie knapp, dieses Mal verzichtete sie schließlich. Nun vertritt Kappert-Gonther Bremens Grüne im Bundestag.
In Bremen hielt vor allem Karoline Linnert den Laden eisern zusammen. Nach triumphalen 16,5 Prozent bei der Bürgerschaftswahl 2007 erfolgte die Belohnung: Regierungsbeteiligung. Linnert ist bis heute Finanzsenatorin und Stellvertretende Bürgermeisterin. Ihr launiges Motto: "Wir schützen Bremens Kröten." 2011 holten die Grünen an der Weser sogar 22,5 Prozent der Stimmen und landeten den nächsten Coup: Sie entwanden der SPD das angestammte Sozialressort; die grüne Chefin dort heißt seitdem Anja Stahmann.
Im vermeintlich ur-grünen Umweltressort ist die Fluktuation hingegen größer. Das hat einen Grund: Der Senator ist auch fürs Bauen und den Verkehr zuständig. Amtsinhaber Reinhard Loske wurde ab 2007 nicht nur von der konservativen Opposition und der bremischen Wirtschaft eine ausgeprägte "Asphalt-Allergie" bescheinigt. Sein Nachfolger Joachim Lohse agiert seit 2011 weniger missionarisch, sitzt aber zwischen allen Stühlen.
Die einen verübeln ihm sein Faible für Fahrradstraßen und kritisieren eine zu geringe Ausweisung von Baugebieten. Eine bislang außerparlamentarische Fundi-Opposition findet es dagegen schlimm, dass Lohse für den Hochwasserschutz Bäume fällen will. Der Mann aus Kassel wird Bremen im kommenden Jahr aber wohl verlassen, zur Wahl tritt er nicht wieder an.
Andere blieben in Bremen, aber nicht in der Partei. Klaus Möhle etwa oder Susanne Wendland. Der selbständige Klempner und Installateur, seit 1996 Mitglied der Bürgerschaft, war lange die wirtschaftspolitische Stimme der Fraktion. 2009 kam es zum Bruch, Möhle wollte "nicht in erster Linie Öko-Politik fürs Mittelschichtklientel" machen.
Seit 2010 ist er SPD-Abgeordneter. Wendland wiederum passte der realpolitische Kurs der Bremer Grünen nicht, vor allem Linnerts toughe Sparpolitik. Seit fast einem Jahr ist sie parteilose Abgeordnete. Sogar die langjährige Landesvorsitzende Susan Mittrenga hat die Partei verlassen. Im WESER-KURIER sprach sie im Juni 2016 von „Scheinbeteiligungsprozessen“: Der Alltag der Landespolitik habe Basis und Funktionäre vollständig absorbiert.
Für den Landesverband war das ein herber Verlust: Unter Führung der quirligen Magdeburgerin hatte sich dessen Mitgliederzahl von 2003 bis 2011 auf mehr als 700 verdoppelt. Matthias Güldner, von 1999 bis 2015 Fraktionschef, ist noch dabei: heute als bildungspolitischer Sprecher der Fraktion. Und als einer der schärfsten internen Kritiker des designierten Spitzen-Trios für die Wahl 2019.