Den geflüchteten Menschen im Stadtteil eine Stimme geben, sie in Obervieland willkommen heißen – das war das Anliegen, das einige Schüler des Gymnasiums Links der Weser eine Zeitung über Flucht und Migration gründen ließ. „Heimatlos“ nennen sie das Blatt, denn es ist denen gewidmet, die ihre Heimat verlassen mussten, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind und die in Bremen neu anfangen.
20 Schüler aus verschiedenen Jahrgangsstufen bilden das Redaktionsteam, zwei Ausgaben sind bisher erschienen. Die Nachwuchsjournalisten widmen sich dem Zeitungsprojekt in ihrer Freizeit. Für ihre Arbeit bekommen sie keine Noten, sie recherchieren und schreiben nach der Schule, außerhalb des Unterrichts.
Dafür wurden sie nun belohnt: Als Dank für ihren Einsatz erhielt die „Heimatlos“-Redaktion am Freitagabend den Hilde-Adolf-Preis. Seit 2002 würdigt die Bürgerstiftung Bremen einmal jährlich Menschen und Projekte, die sich auf vorbildliche Weise ehrenamtlich engagieren. Die Auszeichnung ist mit 3000 Euro dotiert, gestiftet wird sie vom WESER-KURIER.
In diesem Jahr stand der Preis unter dem Motto „Demokratie. Einfach selber machen“. Insgesamt 15 Vereine, Schulen, Kindertagesstätten, Initiativen, Projekte, Einzelpersonen und Gruppen aus Bremen hatten sich beworben. Sie alle hätten beeindruckend bewiesen, wie sich die Stadtgemeinschaft stärken und der Alltag menschenfreundlicher gestalten lasse, sagte Sabina Schoefer, Vorsitzende der Bürgerstiftung, bei der Preisverleihung im Festsaal der Bürgerschaft.
Döbler: "Das ist stark"
Den diesjährigen Preisträger gab WESER-KURIER-Chefredakteur Moritz Döbler bekannt. In seiner Laudatio hob er die journalistische Qualität der prämierten Schülerzeitung hervor. Komplizierte Sachverhalte würden gut erklärt, die Geschichten Geflüchteter anrührend erzählt. Außerdem lobte Döbler den Mut der Schüler, sich einzumischen und Position zu beziehen. „Die Zeitung ist eine zutiefst politische Veröffentlichung, die zeigt, dass die Jugend politischer ist als ihr Ruf“, sagte Döbler. „Das ist stark.“
Auch Wolfgang Thierse, der frühere Bundestagspräsident, betonte, die am Projekt beteiligten Schüler räumten mit dem Vorurteil auf, dass sich junge Menschen nicht für Politik interessierten. Thierse war nach Bremen gekommen, um die Festrede zu halten. Mit Blick auch auf die anderen Bewerber hob er hervor, wie wichtig es sei, sich für die Demokratie stark zu machen, die in Deutschland und Europa vielen allzu selbstverständlich erscheine. „Wir müssen begreifen, wie wenig gesichert unser politisches System ist“, sagte Thierse. Demokratie müsse „in ständiger Anstrengung immer wieder neu gelernt“ werden. Die Bewerber leisteten dazu einen bedeutenden Beitrag.
Christian Weber, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, nannte das Engagement, das es zu würdigen gelte, eine „Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft“.
Stellvertretend für die „Heimatlos“-Redaktion bedankte sich Lehrer Jens Winter, der die Zeitung ins Leben gerufen hatte, für die Würdigung. „Wir sind sehr stolz. Der Hilde-Adolf-Preis gehört zu den größtmöglichen Auszeichnungen, die ein Schülerprojekt erhalten kann“, sagte Winter. Seinen Schülern dankte er für ihre Begeisterung für das Projekt, die in Zeiten voller Lehrpläne und verdichteter Schulausbildung keine Selbstverständlichkeit sei.
Neben dem Hauptpreis wurde in diesem Jahr erstmals ein Sonderpreis an drei Einrichtungen vergeben. Die Bremische Kinder- und Jugendstiftung ehrte die Kita der Martin-Luther-Gemeinde sowie die Kinder- und Familienzentren in der Mühlheimer Straße und in der Kornstraße für die Bemühungen, Kinder zu selbst bestimmtem Handeln zu motivieren. Pro Einrichtung gab es dafür 500 Euro.