Westend. Religiös sei er nicht wirklich, versichert Karl-Heinz Steigmann aus Schwachhausen. Dennoch ist der 71-Jährige seit 2005 mehrfach den Pilgern entlang des berühmten Jakobsweges gefolgt. Und er hat sich eingehend mit den Dingen beschäftigt, die er am Rande des Weges zum Grab des Apostels Jakobus in der spanischen Stadt Santiago de Compostela entdeckt hat. Herausgekommen ist dabei die Fotoausstellung „Piedras“, die Steigmann unter dem Künstlernamen Carlos noch bis Sonnabend, 20. Mai, in der Galerie „Wallerie“ im Walle-Center an der Waller Heerstraße 103 präsentiert.
Jenseits von Eitelkeiten und Statussymbolen bewegt sich der leidenschaftliche Hobby-Fotograf seit 2005 als Pilger auf dem Jakobsweg. Die besondere Stimmung auf dem Pilgerweg „Camino Primitivo“ nach Santiago de Compostela in Spanien hält er in seinen „Piedras“ (spanisch: Steine) fest. Auf den Geschmack sei Carlos gekommen, als er im Rathaus einer Vernissage beiwohnen durfte, die vom ehemaligen Bremer Bürgermeister Henning Scherf – selbst bekennender Fan des Pilgerns – eröffnet wurde. „Das hat mich schwer beeindruckt“, erinnert sich der Künstler. „Gleich im Jahr darauf begab ich mich erstmals selbst auf den Pilgerpfad.“
Jenseits des Weges warten verschiedene Gefahren auf die Pilger, steile Abhänge, holprige Pfade, und jede Menge Unwägbarkeiten unterschiedlicher Art lassen eine Pilgerreise zu einem echten Abenteuer werden. Die Fotos von Carlos entstehen bei seinen Wanderungen unter teilweise erschwerten und besonderen Bedingungen. Das Handwerk der Fotografie eignete er sich bereits in den 1960er Jahren an, blieb diesem Hobby seitdem treu und arbeitete weiter daran.
Gleichzeitig brachte ihn die Pilgerreise dazu, aus Respekt gegenüber den Spaniern, selbst Spanisch zu lernen – und seinen, für Spanier schwierig auszusprechenden deutschen Vornamen in das Spanische zu übersetzen. „Das sollte mein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den vielen freundlichen Spaniern sein“, verdeutlicht der diplomierte Ingenieur und ehemalige Geschäftsführer des „Club zu Bremen“.
„Spektakuläre Eindrücke“
Der ehemalige Hochschulprofessor Fritz Haase zeigt sich von Carlos Ausstellung beeindruckt. „Das Thema Jakobsweg ist derzeit sehr populär“, sagt der Fotografie-Experte. „Aber Carlos hat es geschafft, etwas ganz Besonderes und Eigenes in den Fokus seiner Kamera zu stellen.“ Ohne entsprechenden Größenvergleich sei auf den ersten Blick nicht zu erkennen, dass es sich um Fotografien von Steinen handle, die Carlos am Wegesrand entdeckt und fotografiert habe. Einige Besucherinnen und Besucher vermuteten gar, es handele sich um gemalte Bilder.
„Carlos macht es wie einst Goethe“, urteilte Haase, „als dieser auf seinen Reisen durch Italien ebenfalls Dinge bemerkte, die allen anderen überhaupt nicht auffielen.“ Auch der ehemalige Uni-Rektor Wilfried Müller sowie der Honorarkonsul von Kolumbien, Klaus Müller-Leiendecker, zeigten sich überaus angetan von den Fotografien Steigmanns. „Auf jedem Foto gibt es bei jedem neuen Hinsehen wieder etwas Neues zu entdecken“, meinte Müller, und der Konsul fügte an, „dass diese Form der Kunst geradezu spektakuläre Eindrücke vermittelt“.
Die Leidenschaft für das Fotografieren sowie für den Jakobsweg verbindet Carlos in vielen seiner Arbeiten. „Schon früh habe ich eine Begeisterung für interessante Strukturen und Makrofotografie entwickelt“, erklärt er, „dadurch entstanden zahlreiche Bilder von Steinformationen auf dem Jakobsweg, und auf jeder Wanderung kommen neue Motive dazu.“ Für ihn sei es eine meditative Arbeit, „bei der ich zu mir selbst finden kann“, verdeutlicht der Künstler.