Schon wieder hat es die Mitarbeiter des Logistikunternehmens DHL in Bremen getroffen. Im Verteilzentrum des Unternehmens beim Güterverkehrszentrum (GVZ) hat es laut Gesundheitsbehörde unter den Mitarbeitern 37 bestätigte Corona-Fälle gegeben – sieben der Beschäftigten kämen nicht aus Bremen. Das Bremer Gesundheitsamt versucht nun, alle Personen zu ermitteln, die in den vergangenen Tagen Kontakt mit den an Covid-19 erkrankten Mitarbeitern hatten.
DHL-Sprecher Stefan Laetsch sagte dem WESER-KURIER: „In Abstimmung mit dem örtlichen Gesundheitsamt wurden seit der vergangenen Woche mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des GVZ Bremen auf Covid-19 getestet. Der Anteil positiv getesteter Mitarbeiter lag bislang im einstelligen Prozentbereich.“ Konkret seien es etwa vier bis fünf Prozent der Mitarbeiter. DHL selbst habe auch ein Interesse, dass die Mitarbeiter durchgetestet werden.
Diese sowie weitere Mitarbeiter des Standorts haben sich entsprechend der geltenden Regeln in Quarantäne begeben. „Derzeit gibt es keine abschließenden Erkenntnisse, in welchem Umfang sich Mitarbeiter im privaten oder beruflichen Umfeld infiziert haben“, ergänzte Laetsch. Das sei nun Aufgabe des Gesundheitsamts, die möglichen Infektionsketten zu ermitteln, um weitere Angehörige in Quarantäne zu schicken.
Bei DHL in Bremen ist es nicht der erste Corona-Fall. Bereits Ende April gab es im Verteilzentrum in Hemelingen 22 bestätigte Fälle. Dort sind die Mitarbeiter des Bremer Gesundheitsamts genauso vorgegangen wie jetzt am Standort im GVZ. Nach Angaben des DHL-Sprechers ist die Arbeit vor Ort durch die Erkrankungen nicht beeinträchtigt, obwohl das Unternehmen seit Wochen ein Paketaufkommen wie vor Weihnachten zu bewältigen habe. „Zu Spitzenzeiten werden momentan neun Millionen Pakete bewegt“, schildert Laetsch. Normal wären hier um diese Zeit etwas mehr als fünf Millionen Pakete. Daher arbeite DHL im Güterverkehrszentrum derzeit in drei Schichten.
Ein Ausfall des Verteilzentrums im GVZ in Bremen-Strom wäre für das Unternehmen verheerend. Denn hier werden unter anderem die Pakete zahlreicher namhafter Online-Versender und auch Sportartikelhersteller sortiert. Vom GVZ gehen die Pakete dann an Kunden im ganzen Bundesgebiet. Die Anlage kann pro Stunde 36 000 Sendungen sortieren und gehört damit zu den modernsten Standorten des Logistikunternehmens in ganz Deutschland.
Außerdem kann hier Ware, die nur in Folie verpackt ist, sortiert werden, ohne dass die Mitarbeiter die Sendung vorher extra in eine Transportschale packen müssen. Einen Bezug zu China hat das DHL-Verteilzentrum im GVZ allerdings: Hier werden auch Waren chinesischer Online-Kaufhäuser sortiert. Die stammen aus Containern, die meist in Rotterdam angeliefert werden und in großen weißen Säcken nach Bremen gelangen. Hier werden die weißen Säcke geöffnet, um die Warensendungen durch die Sortieranlage laufen zu lassen.
Die Wahrscheinlichkeit, sich über ein Paket mit Corona zu infizieren, gilt als gering. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gibt es bislang keine Fälle, bei denen nachgewiesen ist, dass sich Menschen durch Kontakt zu verseuchten Gegenständen mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) infiziert haben. Allerdings sind laut BfR Übertragungen über Oberflächen, die kurz zuvor mit Viren kontaminiert wurden, durch Schmierinfektionen denkbar. Aufgrund der relativ geringen Stabilität von Coronaviren in der Umwelt sei dies aber nur in einem kurzen Zeitraum nach der Kontamination wahrscheinlich.
Um das Infektionsrisiko zu minimieren, liefern nicht nur die DHL-Mitarbeiter die Pakete seit Wochen kontaktlos aus. Eine Unterschrift, um den Erhalt des Pakets zu bestätigen, ist nicht notwendig. Der Zusteller legt die Sendung vor die Tür und bestätigt selbst die Auslieferung. Im Unternehmen gibt es seit Wochen eine Task Force, die sich täglich trifft und über die aktuelle Situation berät. Dabei geht es nicht nur um die Corona-Situation in Deutschland, sondern in allen Ländern weltweit, in denen DHL aktiv ist.
Auf Normalität zurückschalten
In jedem Land arbeite DHL nach den Vorgaben der örtlichen Behörden, heißt es. Aus der DHL-Zentrale, dem Posttower in Bonn, ist zu hören, dass das Unternehmen dort so langsam auf Normalität zurückschalten will. Demnach soll dort demnächst die Kantine wieder öffnen. Die Mitarbeiter haben sich seit März in den Abteilungen wochenweise abgewechselt. Mal war die eine Hälfte im Büro, während die andere Hälfte im Homeoffice daheim war und umgekehrt. Wie dort aus dem Umfeld zu hören ist, hat DHL die Mitarbeiter in der Verwaltung bisher nicht über den Ausbruch im Bremer Verteilzentrum informiert.
Allerdings hat es den DHL-Mitbewerber DPD inzwischen härter getroffen. Der hat wegen eines Corona-Ausbruchs sein Verteilzentrum im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen vorübergehend geschlossen. Davon sind 400 Mitarbeiter betroffen. Nach aktuellem Stand haben sich 80 von ihnen mit Covid-19 infiziert. Trotzdem befinden sich nun alle Mitarbeiter in Quarantäne. Es handelt sich um den Landkreis, in dem sich nach der Karnevalssitzung der erste große Corona-Hotspot in Deutschland befand.