Findorffer Fachgremium hat getagt Das Problem mit der Plantage

Stadtplanerin Diana Spanier erklärt den Mitgliedern des Bauausschusses, warum die Entwicklung ein zäher Prozess ist.
14.03.2018, 17:17 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Anke Velten

Findorff-Bürgerweide. Die Mitglieder des Findorffer Bauausschusses wunderten sich und setzten das Thema aus gegebenem Anlass auf die Tagesordnung. Beim Bebauungsplan für die Plantage hat die städtische Baudeputation kürzlich etwas beschlossen, ohne die Stadtteilpolitik zu informieren und die Bürger zu beteiligen. Diana Spanier aus dem Bauressort konnte beruhigen: In diesem akuten Fall musste es schnell gehen. Sonst könnte sich die Plantage in eine Richtung entwickeln, die auch in Findorff nicht erwünscht wäre. Die Ausschussmitglieder waren einerseits zufrieden – andererseits enttäuscht, dass die Stadt in ihren Planungen noch nicht weiter vorangeschritten ist. Doch weil das Quartier zwischen Bahngleisen und Admiralstraße vielen verschiedenen Grundstücksbesitzern gehört, kann es nicht so einfach umgemodelt werden.

Konkret ging es um einen Antrag, dort eine Spielhalle zu eröffnen, erklärte die Architektin und Stadtplanerin. Mit dem aktuell noch gültigen Bebauungsplan aus dem Jahr 2004 wäre das nicht zu verhindern gewesen. Die Stadtplanung arbeitet indes seit fast vier Jahren an einem neuen Planungsrecht, mit dem Ziel der, so wörtlich, „Aufwertung des gesamten Gebietes unter Nutzbarmachung seiner vorhandenen Potenziale“. Im Rahmen ihrer 25. Sitzung am 18. Januar beschlossen die Baudeputierten einen Zusatz zum Planaufstellungsbeschluss vom 29. Juli 2014. Verhindert wird damit ab jetzt und in Zukunft die Ansiedlung von Vergnügungsstätten wie Spielhallen und Wettbüros an der Plantage, und sicherheitshalber auch von Bordellen, bordellartigen Betrieben sowie Sex-Shops, „die Konflikte mit der angestrebten höherwertigen Nutzungsmischung des Quartiers verursachen würden“, heißt es in der Neufassung. In anderen Worten: Mit ihrem Eingreifen will die Stadt einem Imageverfall – im Raumplanerjargon „Trading-Down-Effekt“ – im Quartier vorgreifen.

Bereits in der Fassung von 2014 war die Neuansiedlung von großflächigen Einzelhandelsunternehmen ausgeschlossen worden. Die Begründung dafür, dass die Räumlichkeiten des ehemaligen Comet-Marktes seit acht Jahren leer stehen, obwohl es laut Spanier in den vergangenen Jahren immer wieder Begehrlichkeiten gegeben habe, ist das städtische „Zentren- und Nahversorgungskonzept“. Statt im Stadtteil konkurrierende Einzelhandelsflächen zuzulassen, sollen die „attraktiven, dichten Versorgungsstrukturen“ im Zentrum um die Hemmstraße, Admiral- und Münchener Straße erhalten und gestärkt werden.

Die Plantage ist ein sieben Hektar großes Stück Findorff mit einer wechselhaften Geschichte. Auf der Bremer Landkarte erschien das Areal um das Jahr 1750, als sich ein Bremer Kaufmann am Rande der Stadt einen Sommersitz bauen ließ. Später wurde die Plantage zum Park mit Ausflugslokal. Ab 1863 errichten die Bauunternehmer Stellmann und Stubemann die ersten Häuser, die speziell die große Wohnungsnot der Eisenbahnangestellten lindern sollten. Plantage, Busch-, Ziegel- und Jägerstraße wurden zur Keimzelle des späteren Stadtteils Findorff.

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich das Areal als Mischgebiet mit heterogener Bebauung und Nutzung. Trotz einiger erfolgreicher Umnutzungs- und Zwischennutzungsprojekte sei insbesondere in der Nähe der Bahntrasse ein längerer großflächiger Leerstand zu verzeichnen, heißt es vom Bauressort. Dieser habe zu einer Verwahrlosung der Erdgeschosszonen geführt und wirke sich negativ auf die Wahrnehmung des Quartiers aus.

Mit dem neuen Bebauungsplan 2465 soll sich ein Quartier entwickeln können, in dem Wohnen, Gewerbe und Kreativwirtschaft gut nebeneinander bestehen können. Seit Mai des vergangenen Jahres erleichtere das Baugesetzbuch mit der Variante „Urbanes Gebiet“ die flexiblere Handhabung durch eine leicht erhöhte Bebauungsdichte und eine Erhöhung der Immissionsrichtwerte, erläuterte die Stadtplanerin. Das Innenstadtkonzept 2025 sieht die Plantage der Zukunft als „innovatives Wohn- und Dienstleistungsquartier“, in dem die signifikanten denkmalgeschützten Industriebauten der Stuhlrohrfabrik erhalten werden, das durch Grünflächen und öffentliche Räume aufgewertet und durch bessere "Durchwegungen" geöffnet wird. Eine Wohnbebauung stellen sich die Stadtplaner in Richtung Admiralstraße vor. Auch der große Netto-Parkplatz kann nach Spaniers Ansicht „besser genutzt werden als für viel Blech“. Bislang ist die Plantage ein Patchwork an Parzellen, die sich im Besitz von rund 20 Eigentümern und Eigentümerinnen befinden. Die Stadt selbst besitzt bislang nur das Haus an der Plantage 9 und hat sich in den vergangenen Jahren durch ihr Vorkaufsrecht einige Flächen in Richtung Admiralstraße gesichert. Die verkehrliche Erschließung als Voraussetzung für künftige Bebauung sei daher die „Krux“, so Spanier. Um eine Lösung zu finden, seien Bauressort und Amt für Straßen und Verkehr in „intensiven Gesprächen“ mit den übrigen Eigentümern.

Die Hausgemeinschaft der Plantage 9, das unter der Verwaltung der Wirtschaftsförderung Bremen an rund 30 Künstler, Kreative und Selbstständige vermietet wird, konnte die Sitzung mit einer gewissen Gelassenheit verlassen. Die Stadt plane nicht, das Haus für den Bau einer Straße abzureißen, wie es ursprünglich einmal vorgesehen war, versicherte die Stadtplanerin. Das Haus sei vielmehr „eine kreative Zelle, die wir sehr begrüßen“. Diese Sicherheit wünscht sich auch das Bremer Rundfunkmuseum, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert. Vereinsmitglied Klaus Gipmans erklärte, dass der Vertrag mir der privaten Eigentümerin bislang von Jahr zu Jahr verlängert werde.

In der Praxis sei die Entwicklung der Plantage „ein zäher Prozess“, gestand Diana Spanier. Und auch, wenn der Bebauungsplan fertiggestellt und beschlossen ist, werden die Bagger vermutlich nicht sofort anrücken. Die Stadtplanerin: „Wenn ein Eigentümer sein Grundstück für die nächsten fünfzig Jahre ungenutzt lassen möchte, dann kann er das tun.“

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