Die Ergebnisse des Tages vor dem Bremer Landgericht mögen manchen nicht zufriedenstellen, aber sie sind das Resultat geltender Normen. Und sie verschaffen Orientierung, schreibt André Fesser.
Lauter Krimis, jeder für sich, aber im Unterschied zur Fiktion im Fernsehen eben das wahre Leben. Selten zuvor hatte es die Bremer Justiz mit einer derartigen Häufung spektakulärer Fälle zu tun. Fahrerflucht. Brandstiftung! Mord!! Ein ums andere Mal waren die Gerichtssäle an der Domsheide rappelvoll. Prominente wie Reeder Niels Stolberg oder Fußballer Ivan Klasnic, beide mal als Helden gefeiert, befeuern das Volksinteresse. Man will sehen, was aus ihnen wird, zumal beide schwer krank sind.
Dazu die juristische Fortsetzung der beiden aufsehenerregenden Verkehrsunfälle des vergangenen Jahres: ein Autofahrer, der mit einem Jungen zusammenstieß und ihn lebensgefährlich verletzt liegen ließ. Und der rasende Motorradfahrer, der einen Mann totfuhr. Der Staatsanwalt wittert Mord und Totschlag, und das Volk will die Taten gesühnt sehen. Dann auch noch der Brand bei Harms am Wall und der Unternehmer Hans Eulenbruch.
Seit Monaten reden die Leute auf der Straße darüber: War er‘s? Es gipfelte darin, dass in dreien dieser Fälle am selben Tag die Urteile gesprochen wurden. Hätte jemand Regie führen müssen, hätte er es genauso gemacht: den Showdown im Landgericht so inszeniert, dass die Stücke an diesem einen Tag auf die Bühnen kommen – maximale Aufmerksamkeit! Doch die Juristerei ist kein Schmierenstück, es gab kein Drehbuch, und die Terminlage war reiner Zufall. Die Justiz hat einfach nur Recht gesprochen. Das darf man nicht vergessen, wenn man bewertet, was dabei herausgekommen ist. Denn nicht wenige werden es so empfinden: Dieser Tag der Urteile ist auch ein Tag der Enttäuschungen.
Irritation und Beklemmung
Bitter zum Beispiel, dass auch fast zwei Jahre nach dem Feuer bei Harms am Wall noch nicht klar ist, wer den Laden angezündet hat. Freispruch für Hans Eulenbruch, etwas anderes kam angesichts der Beweislage nicht infrage. Aber wer war es denn dann?
Beklemmend wiederum, dass einer wie Ivan Klasnic so viele Jahre kämpfen muss, um zu seinem Recht zu kommen. Einst ein Star, ist er vor allem ein Mensch. Und ein Beispiel dafür, dass so etwas jedem passieren kann. Aber hat so ein Jedermann dann auch die Kraft und die Mittel, eine solche Tortur durchzustehen?
Und viele wird es irritieren, dass einer, der einen Jungen umfährt und ihn dann blutend auf der Straße zurücklässt, in ein paar Monaten vermutlich wieder auf freiem Fuß ist. Fahrlässige Körperverletzung, mehr nicht.
Die Ergebnisse dieses geballten Tages vor dem Landgericht mögen manchen nicht zufriedenstellen, aber sie sind das Resultat geltender Normen. Und sie verschaffen Orientierung in unserem Rechtssystem. Lauter Krimis zwar, im wahren Leben gehen sie aber dann eben doch ganz anders aus als im Fernsehen.