Für Sigrid Grönert (CDU) zeigt der jüngste Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes erneut, wie alle Entscheidungen des Bremer Senats in Sachen Armutsbekämpfung "in der Realität verpuffen". Der Titel der von der Christdemokraten beantragten Aktuellen Stunde zum Auftakt der jüngsten Sitzung des Landesparlaments gibt dem Senat sogar die Hauptschuld an dem Befund des Wohlfahrtsverbandes. "Wirkungslose rot-rot-grüne Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik verschärft Armut in Bremen“ lauteten Überschrift und Vorwurf. Hintergrund ist die erneute rote Laterne des Landes bei diesem Thema. Denn 28 Prozent der Einwohner des Landes gelten laut Paritätischem als armutsgefährdet, mehr als in jedem anderen Bundesland und auch jeder anderen vergleichbaren Großstadt in Deutschland. Laut Definition des Verbandes heißt das, die Betroffenen müssen im Monat mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen.
Grönert beklagte als sozialpolitische Sprecherin der CDU ein "Sammelsurium von Kleinst-Projekten", mit der Bremen die seit langen Jahren bestehende Armut vor allem verwaltet, aber nicht bekämpft. Bei den entscheidenden Stellschrauben in der Bildungs, Sozial- und Wirtschaftspolitik scheitere man am ressortübergreifenden Handeln. Niemand wisse, welche der zahlreichen Maßnahmen erfolgreich sei, welche überflüssig oder wo durch die Projekte unnötige Doppelstrukturen entstehen.
Die Redner der Koalition verteidigten hingegen ihr Handeln. Henrike Müller (Grüne) bezeichnete das Quartiersmanagement und das gesamte Förderprogramm von "Wohnen in Nachbarschaften (Win)" in den sozialen Brennpunkten der Stadt als ein Projekt der Selbstermächtigung der Bewohner. "Sie erleben, dass ihre Beteiligung etwas bewirkt." Birgitt Pfeiffer, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion sah die wirklich entscheidenden Stellschrauben in bundespolitischen Weichenstellungen vom Mindestlohn über eine Kindergrundsicherung. "Bei all diesen Themen verweigert die CDU Mitwirkung oder Zustimmung".
Sie entnahm dem Bericht des Paritätischen, dass die wachsende Armut in Deutschland inzwischen auch viele Beschäftigte betrifft, weil etwa die Tarifbindung von Branchen verschwinde und zu niedrige Löhne gezahlt werden. Weil sich Bremen gegen den Bundestrend im Vergleich zu 2020 bei der Armutsquote verbessern konnte, befand sie, dass der Senat in Corona-Zeiten offenbar vieles richtig gemacht habe. "Dass die Situation dennoch nicht gut ist, steht dabei außer Frage", betonte Pfeiffer.