Der Mann fährt einen Porsche, die Farbe Rot. Ein roter Porsche vor dem Haus, und klar, dass er sich so etwas leisten kann, der Mann hat schließlich Erfolg, seit Jahrzehnten schon. Barry Randecker – sein Name steht in Bremen für gehobene, aber nicht abgehobene Gastronomie. Der 64-Jährige führt die Meierei im Bürgerpark, das Theatro im Ostertor und versorgt das Metropol-Theater im Richtweg. Aus dem Wirt, der auch mal das Casablanca hatte, Beck’s Bistro, die Gastronomie in der Kunsthalle und das Römer, eine Diskothek, in der früher zusätzlich Konzerte veranstaltet wurden – aus dem Wirt, kann man sagen, ist was geworden.
Mit der Meierei hat Randecker sich vor fünf Jahren ein wahres Kleinod beschafft. Die Lage ist einmalig, mit dem Blick über die Kuhweide hinweg zum herrschaftlichen Park Hotel. Der Himmel so weit, dass man auf der großen Veranda des Lokals bei Kaffee, Kuchen oder Knipp die Gedanken fliegen lassen kann. Randecker hat die Meierei mit radikalen Sanierungsschritten zu einem lohnenden Ausflugsort gemacht, auch wenn es immer mal wieder Gäste gibt, die mit Angebot und Service unzufrieden sind. Allein der Bau, wie er jetzt wirkt, mit den hohen, stuckverzierten Decken, den großen Fenstern, der Freitreppe draußen, mit der Grandezza, die so entsteht.
Randecker berichtet von einer Episode, die für ihn viel darüber aussagt, wie die Meierei vorher war: „Ich kam mit meinem Sohn, damals war schon klar, dass ich den Betrieb übernehme“, erinnert er sich, „wir haben auf der Wiese ein bisschen gebolzt und uns die Hosen dreckig gemacht.“ Nach dem Spiel hatten sie Durst und wollten in der Meierei etwas trinken. „Die haben uns, so wie wir aussahen, abgewiesen.“ Typisch, sagt Randecker, so sei das Lokal damals gewesen: trutschig und elitär.
Der Mann ist groß und kräftig, er war das immer schon, jedenfalls, seitdem er erwachsen ist. Daher der Name, so erzählt er das: „Meine Leute haben mich damals wegen meiner Statur Barabbas gerufen, nach der Figur aus der Bibel.“ In der Überlieferung handelt es sich um einen Gefangenen der Römer, einen Aufrührer und wilden Mann. Aus Barabbas wurde der Einfachheit halber Barry – Barry Randecker, der mit Vornamen eigentlich Lothar heißt. „So nennt mich nur mein Sohn, wenn er mich foppen will.“
Randecker ist in Bremen geboren, in Gröpelingen. Er hat nach der Schule und einer Lehre als Fotograf, die ihn langweilte, mit Klamotten gehandelt: „Das fing mit Häkeldecken an, die ich günstig kaufen konnte und auf dem Flohmarkt verhökert habe, super Gewinnspanne!“ Schnell wurde mehr draus, der erste Laden, noch einer und noch einer. Randecker verkaufte im Ostertor an die Punks und Hippies, er spricht von Hippie-Bedarfsartikeln, was immer das heißt. Am Ende ist er damit gescheitert, immerhin aber grandios, eine ausgewachsene Pleite.
Ein bunter Hund
Fortan bediente der Unternehmer die Szene im Bremer Viertel auf andere Weise, als Gastronom, Disko-Betreiber und Konzertveranstalter. Ein Leben nach seinem Geschmack, frei und ungebunden, wenngleich immer auch mit dem Risiko verbunden, das schöne Geld, was er dabei verdiente, wieder zu verlieren.
Randecker, der grundsätzlich schwarz trägt, schwarze Hose, schwarzes Hemd, schwarze Strickjacke oder schwarzes Sakko, war ein bunter Hund und im Viertel entsprechend bekannt. Als er mit seiner Lebensgefährtin, einer Engländerin, und dem gemeinsamen Sohn in den Bürgerpark zog, in die Wohnung über dem Restaurant, war das für ihn wie ein Kulturbruch. „Nicht artgerecht“, sagt er.
Vorbei mit dem quirligen Leben, mit dem Lauten und Lasterhaften, stattdessen: Ruhe und diese Dunkelheit, so dunkel, stockdunkel, wenn es Nacht ist. „Ich habe gedacht, mich haben sie beiseite gelegt.“ Randecker grinst, während er so redet, denn diese Zeiten sind längst vorbei. Mittlerweile fühlt er sich pudelwohl im Park. Die Jogging-Runde am Morgen ist zu einem Ritual geworden. Und er hat Kontakte geknüpft: „Die vier Esel im kleinen Zoo kennen mich schon, ich besteche sie mit Mohrrüben.“
Seinen Porsche benutzt er nur im Park. Auf den wenigen Wegen dort, die ihm für die Fahrt vom Bürgerparkdirektor erlaubt werden. Ein Porsche im Park, das sorgt natürlich für Aufsehen, und wenn er dann auch noch rot ist, staunen die Leute umso mehr. Es ist ein Diesel, ein richtiger Stinker, 50 Jahre alt oder so. Der Porsche ist ein Trecker, und klar, dass Randecker sich den leisten kann.
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