Für Nachwuchsfleischer ist es in diesen Tagen im wahrsten Sinne um die Wurst gegangen. Denn aus dem ganzen Land kamen sie nach Bremen, um herauszufinden, wer der beste Jungfleischer Deutschlands ist. Seit Dienstagabend ist klar: Es ist der 22-jährige Raphael Buschmann. 62 Jahre nach Peter Dilse ist er der Zweite, der den Titel für die Handwerkskammer Bremen holte.
„Schon am Montag hatte ich ein tolles Gefühl. Es hat alles so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt Buschmann. Der zweitägige Bundeswettbewerb im Schulzentrum Rübekamp in Walle mit sieben Disziplinen verlangte den Teilnehmern dabei neben Ausdauer und Kraft vor allem Nervenstärke und Konzentrationsvermögen ab.
Zehn Fleischer und eine Fleischerin hatten sich für das Rennen um den Titel qualifiziert. Zu ihren Aufgaben gehörte dabei zum Beispiel, eine Rinderkeule zu zerlegen. „Wenn man ein verknöchertes Stück erwischt, dann fängt man schon an zu kämpfen“, sagt Buschmann. Doch er hatte Glück.
„Ich zaubere ihnen ein Lächeln ins Gesicht.“
Buschmann stammt aus einer Fleischerfamilie. Seine Eltern besitzen in Twistringen einen eigenen Betrieb. Die Fleischerei beliefert hauptsächlich Supermärkte und Imbissbetriebe mit Wurstwaren. In den Beruf sei er also quasi hineingeboren worden. Buschmann aber probierte sich zunächst in anderen Berufen aus, machte Praktika bei der Bank und in der Automobilbranche.
Doch er erkennt, dass ihn die Jobs nicht ausfüllen. Buschmann entscheidet sich 2015 für eine Ausbildung zum Fleischer – nicht im elterlichen Betrieb, sondern bei der Fleischerei Guder in Stuhr-Seckenhausen. „Es ist die Kreativität, die mir an diesem Beruf so gefällt. Jeden Tag könnte ich theoretisch ein neues Produkt entwickeln.
Jedes Produkt schmeckt anders“, sagt der 22-Jährige. „Und den Leuten schmeckt's. Ich zaubere ihnen ein Lächeln ins Gesicht.“ Buschmann schloss seine Zwischenprüfung so gut ab, dass er seine Ausbildungszeit auf eineinhalb Jahre verkürzen konnte. „Dadurch, dass ich Abitur habe, hätte meine Ausbildung zwei Jahre und nicht drei gedauert.“
Suche nach bester Fleischereifachverkäuferin
Seine Gesellenprüfung bestand Buschmann mit mehr als 85 Prozent. Dadurch qualifizierte er sich für den Vorentscheid zum Bundeswettbewerb in Travemünde. Dort traf Buschmann auf die besten Fleischer Norddeutschlands und qualifizierte sich als Bremer Starter für den Wettkampf im Schulzentrum Rübekamp. Und das, obwohl sein Ausbildungsbetrieb in Niedersachsen beheimatet ist.
Wilfried Wöbbeking, Fleischermeister am Schulzentrum und Berufsschullehrer von Buschmann, klärt auf: „Das hängt damit zusammen, dass Guder in Stuhr-Seckenhausen genau an der Grenze zu Bremen liegt und der Ausbildungsvertrag über die Handwerkskammer Bremen geführt wird.“ In der Lehrfleischerei des Schulzentrums Rübekamp wurde nicht nur Deutschlands bester Nachwuchsfleischer ermittelt.
Ebenfalls suchte eine sechsköpfige Jury nach der besten Fleischereifachverkäuferin des Landes. Männliche Teilnehmer? Fehlanzeige. Fleischereifachverkäufer sind selten. In diesem Jahr haben nur zwei männliche Azubis in Bremen ihre Lehre begonnen, dem stehen 13 Fleischereifachverkäuferinnen gegenüber.
"2016 waren es deutlich weniger"
Bei den Fleischern sieht es dagegen anders aus: 20 Azubis sind in Bremen in diesem Ausbildungsjahr neu hinzugekommen. Darunter ist keine Auszubildende. Mit der Zahl von insgesamt 35 neuen Azubis im Handwerk in der Hansestadt ist Wilfried Wöbbeking zufrieden. „Es ist durchaus eine stolze Zahl“, sagt der Fleischermeister. „2016 waren es deutlich weniger.“ Woran liegt's? „In diesem Jahr haben wir wieder das Glück, dass sich wieder deutlich mehr Jugendliche dem Handwerk widmen.“ Wöbbeking sieht in den Zahlen eine Trendwende.

Die Grillplatte des Siegers Buschmann: "Zu einem guten Grillabend darf das Bier natürlich nicht fehlen."
Davon möchte Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband noch nicht sprechen. Seit 2006 gebe es einen kontinuierlichen Rückgang bei den Zahlen der angehenden Fleischer. „Die Abnahme wird aber weniger“, sagt Sprecher Jentzsch. Ein Drittel der Lehrstellen in Deutschland bleibe jährlich unbesetzt. Als Gründe dafür nennt er eine steigende Abitur- sowie Studierenden-Quote und den generellen Fachkräftemangel. „Der Pool an Menschen im ausbildungsfähigen Alter wird zudem kleiner. Dementsprechend hart ist der Wettbewerb.“
Raphael Buschmann sieht ein anderes Problem. „Viele Leute stellen sich unseren Beruf so brachial vor.“ Daher hält er den Bundeswettbewerb für eine gute Möglichkeit, um Werbung für sein Handwerk zu machen. „Hier kann man doch sehen, wie filigran wir Fleischer arbeiten können.“ Er halte seinen Beruf keineswegs für schmutzig. Ganz im Gegenteil: „Wir Fleischer müssen immer sauber arbeiten.“