Baumbestand an der Kastanienstraße in Findorff muss weichen Die Sicherheit geht vor

Findorff-Bürgerweide. Die meisten der 99 Bäume an der Kastanienstraße werden wohl doch vor Ablauf dieses Jahres gefällt werden müssen. Ein unabhängiges Gutachten hat nun die Einschätzung der Deutsche Bahn AG (DB) bestätigt, die den gesamten Baumbestand aus Sicherheitsgründen entfernen will.
08.12.2016, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Anke Velten

Findorff-Bürgerweide. Die meisten der 99 Bäume an der Kastanienstraße werden wohl doch vor Ablauf dieses Jahres gefällt werden müssen. Ein unabhängiges Gutachten hat nun die Einschätzung der Deutsche Bahn AG (DB) bestätigt, die den gesamten Baumbestand aus Sicherheitsgründen entfernen will. Nachbarn der Straße am Bahndamm hatten sich ein anderes Ergebnis gewünscht. Sie hatten die geplante Baumfällaktion Anfang November im Rahmen der Findorffer Beiratssitzung öffentlich gemacht. Ein Ortstermin mit Bremens Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Nachbarn, Stadtteilpolitikern sowie Vertretern der Deutschen Bahn erbrachte immerhin etwas Trost: Zumindest Büsche, Sträucher und Efeu dürfen bleiben. Acht alte Bäume können über Schnittmaßnahmen erhalten werden. In die entstehenden Lücken wollen die Deutsche Bahn AG und die Stadt maßstabsgerechte Ersatzpflanzungen anlegen.

Denn maßstabsgerecht für ihren Standort sind die alten Eichen, Linden, Birken, Bergahorn- und Mehlbeerbäume nicht, die mitunter seit Jahrzehnten in die Höhe wachsen. Von den insgesamt 99 Bäumen, um die es geht, stehen 43 auf Bahngelände, die übrigen 56 auf städtischem Grund. Ihre Kronen unterschreiten mittlerweile die vorgeschriebenen Schutzabstände von mindestens fünf Metern zu den spannungsführenden Speise- und Oberleitungen. Ein Spannungsüberschlag von einer der Leitungen auf einen Baum könne zu tödlichen Unfällen führen, warnt die Deutsche Bahn AG. Im Juli hatte das Unternehmen den sogenannten „Vegetationsrückschnitt“ beim Umweltressort angekündigt, nun sei es „höchste Eisenbahn“ für die Maßnahmen, sagte DB-Vertreter Georg Wagner in Findorff. Das Unternehmen und die Stadt seien in der Pflicht, den reibungslosen Bahnverkehr sicherzustellen und die Anwohner vor Unfällen zu bewahren.

Eine interne Prüfung der DB hat ergeben, dass Rückschnitte keine Lösung seien. Die Bäume würden dabei mindestens die Hälfte ihrer Kronen einbüßen und könnten diesen massiven Eingriff auf Dauer nicht überleben. Zur selben Prognose kommt auch das Baumgutachten, das auf Initiative des Beirats erstellt und vom Umweltsenator finanziert wurde. Andreas Block-Daniel, öffentlich bestellter und vereidigter Baumsachverständiger mit Sitz in Riensberg, hatte sich die Bäume in der Kastanienstraße im Einzelnen angesehen. Der kritische Bereich befinde sich im Straßenabschnitt zwischen den Hausnummern 11 und 68, berichtete Block-Daniel beim Ortstermin. Hier kommen die Bäume den Oberleitungen besonders nahe. „So hart es auch ist: Der Bestand ist nicht zu halten“, lautete das Fazit des Gutachters.

Er nehme das Anliegen der Anwohner sehr ernst und wünsche sich eine Lösung, mit der alle gut leben können, hatte der Umweltsenator in Findorff mitgeteilt. Die Sitzung des Findorffer Bauausschusses beschäftigte sich am selben Abend aber bereits mit der Zeit nach der Rodung. Dem Vorschlag des Senators, eine Verlegung der Oberleitungen zu prüfen, hielt DB-Vertreter Christian Hieke Kosten in Millionenhöhe und eine jahrelange Vorlaufzeit entgegen. Noch plane das Unternehmen die Fällungsmaßnahmen vor Jahresende. Die Arbeiten würden an der Münchener Straße beginnen und abschnittsweise erfolgen, so der Serviceleiter Fahrbahnpflege.

Dass der vorhandene Strauchbestand und der Efeubewuchs an der Lärmschutzwand weitestmöglich erhalten werden sollen, hatte die DB-Delegation den Findorffern bereits am Nachmittag zugesagt. Schon im Januar könne mit Nachpflanzungen begonnen werden, die künftig aber nicht höher als die Lärmschutzwand werden sollen, so Hieke. Die Bahn stellt sich an der Böschung die Pflanzung von heimischem Buschwerk vor, das innerhalb kurzer Zeit zu einem „grünen Vorhang“ für die Bewohner wachsen werde. Von den 15 Bäumen, die wegen ihres Stammumfangs von mehr als 120 Zentimetern unter die Baumschutzverordnung fallen, könnten acht über Rückschnittmaßnahmen erhalten werden, erklärten Vertreter des Umweltbetriebs Bremen dem Ausschuss. Als Ersatz für die sieben geschützten Straßenbäume, die gefällt werden müssen, würden zehn Bäume kleinwüchsiger Arten gepflanzt, die maximal zehn bis zwölf Meter Höhe erreichen. Wie groß der Verlust für die Anwohner sein wird, hatte Jutta Schäfer-Böhle dem Beirat bereits im November geschildert – der Stadtteil-Kurier berichtete. Jahrzehntelang hatten die Nachbarn ihre „grüne Lunge“ gehegt und gepflegt und auch mit finanzieller Unterstützung des Beirats aufgeforstet. „Es wird nie wieder so sein wie jetzt“, bedauerte die Findorfferin.

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