Akrobatik, Tiere, Clowns – klassische Elemente eines Zirkusses, wie wir ihn uns vorstellen. Eine solche Vorstellung kann derzeit beim „Deutschen Nationalcircus Carl Busch“ auf der Bürgerweide besucht werden. Ein Blick in die Manege zeigt: Die Zirkuswelt verändert sich. Und die klassischen Großzirkusse haben zu kämpfen – nicht so sehr mit den Besucherzahlen, sondern mit fehlender staatlicher Unterstützung und Tierschützern, sagt Tourneeleiter Reto Hütter.
Vor vier Jahren hat Manuel Wille-Busch den Posten seines Vaters übernommen: Er wurde Direktor vom „Deutschen Nationalcircus Carl Busch“. Im Jahre 1891 in Nürnberg von Carl Busch als Familienunternehmen gegründet, übernahm 2003 das Ehepaar Marion und Alfons Wille den Zirkus. „Seitdem haben wir viel verändert“, erzählt Manuel Wille-Busch, in fünfter Generation Zirkusdirektor des 80-köpfigen Unternehmens, das derzeit durch Deutschland tourt.
„Wir bieten jetzt klassische Zirkusnummern, die gleichzeitig modern und professionell sind“, sagt Wille-Busch. Akrobatik, Clownerie und Tierdressuren seien weiter zentrale Bestandteile des Programms, allerdings orientierten sich die Artisten an modernen Ausdrucksformen von Kunst, Theater und Musik. Zirkus solle für Unterhaltung sorgen, und das möglichst für die ganze Familie.
Eine sich ständig verändernde Unterhaltungskultur in Westeuropa setzt die traditionelle Zirkuswelt unter Druck. Die heutige Gesellschaft verlangt nach neuen Formaten – Comedy und Entertainment. Auch der zunehmende Protest gegen die Dressur von Wildtieren, wie ihn beispielsweise die Tierrechtsorganisation Peta formuliert, verlangt nach neuen Ansätzen.
Zirkusse wie beispielsweise der internationale „Cirque du Soleil“ folgen diesem Trend. Das Entertainment-Unternehmen verzichtet ganz auf klassische Elemente wie Tierdressuren und lässt seine Artisten eine dramaturgische Geschichte erzählen. Oft gibt es für solche Produktionen ein festes Show-Gebäude, nur selten fahren solche Zirkusse mit einem Zelt von Ort zu Ort.
Auch der Zirkus Busch übernehme Ideen anderer Zirkusse und setze moderne Trends um, sagt Tourneeleiter Reto Hütter. Dramaturgische Showelemente und fetzige Musik mit modernen Licht- und Soundeffekten könne der Zuschauer in der Manege des neuen Zirkuszeltes erleben, in das 3000 Besucher passen. Und die sitzen nicht mehr auf ungemütlichen Bänken wie in früheren Zeiten, sondern in komfortablen Stühlen. In diesem Jahr wurde die Innenausstattung neu gestaltet – ein weiterer Schritt, um den Wünschen der Zuschauer gerecht zu werden. Fürs leibliche Wohl der Besucher werde ebenfalls gesorgt: direkt vor dem Zelteingang gibt es ein Restaurant. Und neben traditionellen Familiennummern werden professionelle Artisten für die Tourneen engagiert. „95 Prozent unserer Künstler kommen aus dem Ausland, viele aus Russland“, sagt Hütter.
Laut der European Circus Association (ECA) gibt es in Deutschland derzeit rund 300 Zirkusse, der überwiegende Teil Kleinst- und Familienunternehmen. Richtige Großunternehmen gebe es nur wenige, darunter die Zirkusse Krone, Charles Knie, Roncalli und Busch, so Hütter. Und sie hätten es nicht leicht, sich wirtschaftlich zu halten. Hütter: „Das liegt allerdings weniger an den Besucherzahlen“. Nach Schätzungen der ECA besuchen in Deutschland täglich rund 15 000 Menschen eine Zirkusvorstellung, die Angebote würden konstant wahrgenommen.
Um seine täglichen Fixkosten von rund 15 000 Euro während seiner Deutschland-Tournee zu decken, brauche der Zirkus Busch etwa 800 Besucher am Tag, sagt Hütter. Anfahrt, Strom, Wasser, Löhne, Tiere, Versicherungen, Werbung – das alles sei in den letzten Jahren teurer geworden. Laut Hütter haben sich die Stellplatzmieten seit der Einführung des Euro fast verdoppelt und liegen zwischen 600 und 1400 Euro pro Tag. Außerdem gebe es immer mehr Einschränkungen bei der Platzwahl in den Städten. Bremen sei mit der zentral gelegenen Bürgerweide eine Ausnahme. „In Mainz zum Beispiel stehen wir rund 18 Kilometer vom Zentrum entfernt. Da ist das Zelt mit seiner Optik dann keine Reklame mehr“, sagt der Tourneeleiter.
Laut ECA haben es Zirkusunternehmen in Deutschland grundsätzlich schwerer als andere Kultureinrichtungen, da sie nicht als Kulturgut anerkannt werden und somit keine staatlichen Subventionen erhalten. Im Jahre 2005 hat die Europäische Union auf Betreiben der ECA zwar eine Resolution verabschiedet, nach der der Zirkus als Teil der europäischen Kultur anerkannt werden soll, viele Mitgliedsstaaten der EU haben das allerdings bisher nicht umgesetzt.
„Dem Zirkus fehlt eine politische Lobby“, bedauert Hütter. Er wünscht sich einheitliche Regelungen auf nationaler Ebene. Zuletzt hatte der Streit um die Mitnahme von Elefanten nach Bremen gezeigt, dass klare Gesetze zum Umgang mit Tieren fehlen. Auf Druck von Tierrechtsorganisationen wie Peta und der Bremer Politik ließ der Zirkus Busch seine tierische Hauptattraktion zu Hause und reiste ohne Elefanten in die Hansestadt.
Hütter befürchtet, dass sich der Streit um die Tiere geschäftsschädigend auf den Zirkus auswirken wird. Seit Vorstellungsbeginn am vergangenen Freitag stehen Tierrechtler mit Plakaten vor dem Zirkus, auf denen Slogans wie „Kein Applaus für Tierquälerei“ und „Tradition rechtfertigt keine Tierquälerei“ zu lesen sind. Auch eine Fensterscheibe des Kassenhauses wurde bei der Premiere eingeschlagen. Als Rufmord und Vandalismus bezeichnet Hütter das. Er befürchtet, dass in Bremen deshalb weniger Zuschauer in die Vorstellungen kommen werden. Auf Shows mit Tieren wolle der Zirkus Busch aber trotzdem nicht verzichten, betont er.
Circus Carl Busch gastiert noch bis Sonntag, 27. Juli, auf der Bürgerweide. Vorstellungen sind am Sonntag; 20. Juli, um 15 und 18 30 Uhr, von Montag bis Sonnabend um 15 30 und 20 Uhr sowie am Sonntag, 27. Juli, um 15 Uhr. Der Eintritt kostet je nach Sitzplatz für Erwachsene 15, 20, 28 oder 38 Euro; für Kinder 10, 15, 20 oder 30 Euro. Auf www.circus-carl-busch.de gibt es Fünf-Euro-Gutscheine, die heruntergeladen und ausgedruckt werden können.