Deutschland hinkt bei der Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen hinterher, diese Klage ist nicht neu. Während etwa in den baltischen Staaten oder Dänemark die Bürger kaum noch auf irgendwelche Ämter laufen müssen, um Behördenkram zu erledigen, ist die Palette der digitalen Angebote kommunaler oder staatlicher Stellen hierzulande noch vergleichsweise begrenzt. Bremen hat auf einigen Gebieten in den vergangenen Jahren durchaus Pionierarbeit geleistet, doch an manchen Stellen ruckelt es noch, wie das Beispiel E-Rechnung zeigt.
Die Zielvorstellung, dass öffentliche Auftraggeber und privatwirtschaftliche Auftragnehmer die Rechnungsstellung und -abwicklung auf elektronischem Weg vereinfachen, wurde auf EU-Ebene bereits vor einigen Jahren formuliert. 2014 erließ Brüssel eine entsprechende Richtlinie, die einige Zeit brauchte, bis sie auch in Deutschland ihre Wirkung entfalten konnte. Angelehnt an eine entsprechende Bundesregelung, beschloss der Senat im Jahr 2018 eine bremische E-Rechnungsverordnung. Sie verpflichtete Behörden und kommunale Betriebe ab November 2019, elektronisch übermittelte Rechnungen entgegenzunehmen.
Ein Jahr später – genauer: Ab dem 27. November 2020 – sollte dann auch für die Auftragnehmerseite die Norm gelten, Rechnungen nur noch auf elektronischem Wege zu stellen. Für Handwerksbetriebe oder Lieferanten bedeutete dies, dass sie eine Schnittstelle in ihrer Unternehmenssoftware einrichten mussten, um sich digital mit dem Cash-Management des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers zu verbinden.
Durchgängig digital gestaltete sich die Abwicklung der Zahlungsvorgänge zunächst noch nicht. Diverse Behörden und städtische Eigenbetriebe konnten die Rechnungen zwar elektronisch entgegennehmen, „doch dann wurden die ausgedruckt und von Büro zu Büro getragen“, erfährt man von Jan Heitkötter, der bei der Handwerkskammer mit Digitalisierungsfragen betraut ist. Die Hoffnung, dass sich die technischen Unzulänglichkeiten nach und nach in Wohlgefallen auflösen würden, hat sich nicht überall bestätigt. Obwohl die bremische Verwaltung ihre Auftragnehmer seit Ende November zur E-Rechnung verpflichtet, schafft sie es selbst nicht flächendeckend, diese zu verarbeiten.
Das gilt zum Beispiel für das Amt für Straßen und Verkehr (ASV). In einer internen Mail, die dem WESER-KURIER vorliegt, räumt die Amtsleitung Probleme bei der Verarbeitung der E-Rechnungen ein. Die ASV-Mitarbeiter sollen den Auftragnehmern der Behörde mitteilen, dass es aktuell noch hakt. „Die Geschäftspartner werden durch die Haushaltsabteilung dann noch gesondert angeschrieben“, heißt es in der Rundmail. Man hoffe, die Probleme im ersten Quartal beheben zu können. Ähnlich sieht es beim Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) aus. Dort seien zwar „im vergangenen Jahr alle notwendigen Voraussetzungen für die Bearbeitung von E-Rechnungen geschaffen“ worden, teilt Sprecherin Karen Matiszick mit. Wirklich funktionsfähig sei das System allerdings noch nicht.
Das betrifft sowohl ausgehende Rechnungen an Behörden als auch eingehende Rechnungen von privaten Auftragnehmern. Hier arbeite man mit einem externen Dienstleister zusammen. „Leider ist ein Teil des Rechnungseingangsprozesses – nämlich, vereinfacht gesagt, die Übersetzung der eingehenden Daten in ein lesbares Dokument – nicht rechtzeitig umgesetzt worden“, bedauert Matiszick. Auch bei der Geno seien die Probleme aber voraussichtlich bald überwunden.
An der Universität ist das laut Sprecher Kai Uwe Bohn bereits der Fall. Startprobleme bei der E-Rechnung seien inzwischen gelöst. „Grundsätzlich arbeitet die Universität gemeinsam mit den Unternehmen ständig daran, den Prozess der E-Rechnungen zu optimieren und so reibungslos wie möglich zu gestalten“, sagt Bohn. Hemmnisse ergäben sich noch bei Schnittstellen, durch Kapazitätsengpässe bei IT-Dienstleistern und Auswirkungen der Pandemie.
Handwerkskammer-Experte Heitkötter sieht die meisten städtischen Auftraggeber inzwischen auf einem guten Weg. Die anfänglichen Probleme seien größtenteils überwunden, das schließe er aus dem Echo aus den Betrieben. „Das Thema ploppt da und dort noch mal auf, aber es bleibt überwiegend ruhig“, so Heitkötter.