Positiv überrascht bin ich immer wieder von der Vielfalt an sozialem Engagement in dieser Stadt. Beispiele dafür erlebte ich in der vergangenen Woche bei zwei schönen Veranstaltungen. Die Freiwilligen-Agentur Bremen (eine Abteilung des Sozialen Friedensdienstes) eröffnete in Kooperation mit der Ehlerding-Stiftung aus Hamburg ein neues Projekt für Bremen – die mitKids-Aktivpatenschaften. Frauen oder Männer übernehmen ehrenamtlich eine Art „Wahlverwandtschaft“ für ein Kind im Alter zwischen zwei und neun Jahren. Sie sind sorgsam ausgewählt und vorbereitet worden und treffen sich dann einmal in der Woche mit ihrem Patenkind.
Das Angebot richtet sich an Kinder von Alleinerziehenden oder aus anders belasteten Familien. Diese Paten dienen den Kindern als Bezugspersonen und sollen es ihnen trotz schwieriger familiärer Verhältnisse erleichtern, den Weg in ein glückliches, selbstbestimmtes Leben zu finden. Ganz anders geartet war die zweite Veranstaltung, eine großartige Gala der Bremer Krebsgesellschaft in der vollbesetzten Oberen Rathaushalle. Zum zehnten Mal hatten Rita Lürßen und Gabriele Strangemann das musikalische Benefiz-Konzert organisiert.
Gemeinsam mit den wieder einmal pro bono aufspielenden Bremer Philharmonikern mit Gast-Dirigent Dominik Beykirch, Tenor Tobias Haaks, den Sopranistinnen Elisabeth Freyhoff und Szabina Schnöller sowie vielen anderen Ehrenamtlichen haben sie ein Event auf die Beine gestellt, das nicht nur die Besucher begeistert, sondern das auch 120 000 Euro an Spenden erzielt hat. Dieser Betrag fließt in Projekte für Menschen mit Krebs und ihre Angehörigen. Der Abend brachte aber nicht nur Geld, sondern auch neues Engagement. Mehr als 40 Gäste beantragten eine Mitgliedschaft bei der Bremer Krebsgesellschaft, die damit geradewegs auf eine Mitgliederzahl von 1000 zusteuert.
Bei der mitKids-Veranstaltung ging es um das persönliche Engagement, beim zweiten Ereignis vor allem um finanzielle Unterstützung. Beides ist wichtig, beides ist notwendig. Es sind nur zwei Beispiele von vielen für das große soziale Engagement der Menschen Bremens. Wussten Sie, dass sich über 42 Prozent der Bremerinnen und Bremer freiwillig, das heißt ehrenamtlich, für die Stadt und die Menschen hier engagieren? Ich wusste es nicht und finde es eine beeindruckende Zahl. Damit liegt Bremen über dem Bundesdurchschnitt von etwa 36 bis 38 Prozent. Hinter dieser Zahl verbirgt sich eine ganz bunte Palette von Aufgaben, denen sich die Freiwilligen in dieser Stadt widmen.
Ehrenamtliche fast überall
Vor allem in unseren Sportvereinen sind sie unverzichtbar, hier ist – auch bundesweit – die größte Zahl von Ehrenamtlichen zu finden. Aber auch in vielen anderen Bereichen, zum Beispiel der Kultur, im Natur- und Tierschutz, der Friedensbewegung, in der Stadtteilarbeit, der Nachbarschaftshilfe oder in der Bildung sind Menschen aktiv. So habe ich erfahren, dass sich über die Freiwilligen-Agentur die Projekte Lesezeit, Doppeldenker und Balu und Du bereits über 500 Menschen für Kinder im Grundschulalter engagieren. Das ist mehr als beachtlich. Diese Helfer gehen jede Woche einmal in die Grundschulen und unterstützen und motivieren die Kinder in Sachen Mathematik und Lesenlernen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient der Einsatz von vielen Freiwilligen für den sozialen Zusammenhalt. Ob Suppenengel, Tafeln, Hospizvereine, Besuchsdienste in Krankenhäusern oder Seniorenwohnheimen, Rettungsdienste oder Ehrenamtliche in Schulen – an fast jeder Stelle unserer stadtbremischen Gesellschaft finden wir Menschen, die sich engagieren und denen unser Zusammenleben am Herzen liegt.
Das konnten wir vor allem in der Zeit der besonders hohen Zuwanderung durch Geflüchtete erleben. Bremerinnen und Bremer waren schon aktiv, als Stadt und Sozialverbände sich noch sortieren mussten. Sie haben unprätentiös geholfen, aber auch gemahnt und protestiert, wenn staatlicherseits Dinge ins Stocken gerieten. Natürlich konnte ich hier nicht alle Bereiche erwähnen, in denen Freiwillige Aufgaben übernehmen, die vielen Vereine, Organisationen und Gruppen. Aber bei allen möchte ich mich für ihr Engagement im Dienste des Zusammenhaltes unserer Gesellschaft bedanken.
Willi Lemke (71) schreibt jeden Sonnabend im WESER-KURIER über seine Heimatstadt und was ihn in dieser Woche in Bremen bewegt hat.