Zuletzt sorgte die Innenstadt eher für negative Schlagzeilen, ein Geschäft nach dem anderen schloss seine Pforten. Doch es gibt auch Licht am Ende des Tunnels: Wo früher der kriselnde Modehersteller Gerry Weber beheimatet war, hat am Sonnabend „Ekofair“ eröffnet – ein etwas anderes Verkaufshaus, das als „erstes Bremer Fairkaufshaus“ mit fair gehandelten, nachhaltigen und regionalen Produkten punkten will.
Auf zwei Etagen bieten 15 Partner in eigenen Bereichen ihre Produkte an, gleich hinter dem Eingang liegt zudem ein kleines Café, im ersten Stockwerk ist wechselnde Kunst zu sehen.
Gewinner des Wettbewerbs Concept-Store
Mit einiger Verspätung startet das Fairkaufhaus an der Obernstraße mit seinem neuen Geschäftsmodell. Eigentlich hatte das Gewinnerprojekt des Wettbewerbs Concept-Store schon im Januar auf Kundenfang gehen sollen, einen Monat nach Beginn der staatlichen Förderung.
Doch die Corona-Pandemie durchkreuzte die Pläne der drei befreundeten Betreiber Urs Siedentop, Felix Halder und Erik Wankerl. „Wir waren total traurig, dass ein Viertel des Förderzeitraums einfach verpufft ist“, sagt Diplom-Kaufmann Siedentop.
Umso größer die Euphorie jetzt. Knapp eine Woche, nachdem der Einzelhandel dank Terminshopping unter Auflagen wieder öffnen darf, mischt nun auch der Newcomer Ekofair in der Innenstadt mit. Zustande gekommen ist das Projekt laut Siedentop „relativ spontan“.
Ende Oktober sei den Fairtrade-Läden eine E-Mail der Wirtschaftssenatorin ins Haus geflattert, berichtet Halder, Geschäftsführer des Textilanbieters Fairtragen. Mit Siedentop und dem Markenstrategen Wankerl steckte er die Köpfe zusammen, dabei wurde die Idee eines nachhaltigen Kaufhauses geboren.
Beim Wettbewerb als Teil des im August aufgelegten Aktionsprogramms Innenstadt konnte sich ihre Projektidee dann durchsetzen. Von Anfang ging es auch, aber nicht nur um Nachhaltigkeit. „Für uns ist Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit“, sagt Siedentop, „wir wollen gar nicht bekehren oder belehren.“ Vielmehr verknüpfen die Betreiber auch ein ästhetisches Moment mit ihrem Modell, schon allein die Pflanzen sollen ein Wohlgefühl vermitteln. „Uns schwebte eine schöne Kombination von Einzelgeschäften unter einem Dach vor“, so Diplom-Biologe Halder.
Fair gehandelte Kleidung, Lebensmittel, Seife, Möbel und Dekoartikel
Beim Einkaufen sollen den Kunden auch Hintergrundinformationen zu den Bremer Start-ups geboten werden, die bei Ekofair so etwas wie kleine Filialen betreiben. „Man erfährt einiges zu den Köpfen hinter den Produkten“, sagt Siedentop. Deren Angebot ist breit gefächert, es gibt Kleidung, Gewürze, Lebensmittel, Seife, Möbel und Dekoartikel – alles fair gehandelt, alles nachhaltig.
Wenn die Pandemie erst mal im Griff ist, soll man den Herstellern bei der Produktion auch über die Schulter schauen können. „Da werden wir zum Beispiel eine Töpferscheibe aufbauen, an der sich jeder versuchen kann.“ Zusätzlich sind nach Ende der Lockdown-Maßnahmen diverse Veranstaltungen, Workshops und Seminare im ersten Stockwerk vorgesehen.
So manches erinnert noch an den Vormieter. „Die Ladenausstattung hat Gerry Weber hiergelassen“, sagt Siedentop. Davon ist so viel wie möglich erhalten geblieben. Nicht nur die Tresen und Regale, im Obergeschoss grüßt auch immer noch der Gerry-Weber-Schriftzug von der Wand. Nun allerdings leicht bemoost. „Damit wollen wir signalisieren: Jetzt kommt etwas Neues“, sagt Felix Halder augenzwinkernd.
13 Monate keine Miete
Und dieses Neue soll nach Möglichkeit auch lange bleiben. „Wir arbeiten darauf hin, dieses Projekt auch ohne Förderung fortzuführen“, sagt Siedentop. Über einen Zeitraum von 13 Monaten muss Ekofair keine Miete zahlen, es gibt einen Zuschuss für die Personalkosten und für den Ladenumbau. Doch wenn der Förderzeitraum zum Jahresende ausläuft, muss das Fairkaufhaus auf eigenen Füßen stehen können. „Wir müssen relativ schnell wirtschaftlich sein“, so Siedentop.
Von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) gibt es derweil reichlich Vorschusslorbeeren. „Das Fairkaufhaus bereichert die Innenstadt und erhöht damit deren Attraktivität“, sagt sie. Die Blumen gibt Siedentop gern zurück. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) habe „einen wahnsinnig guten Job gemacht“, sagt der 42-Jährige. „Die WFB war immer für uns da, die Zusammenarbeit endete nicht, nachdem wir den Zuschlag bekommen hatten.“