Schon wieder Hiobsbotschaften zum Krankenhausneubau. Wie unsere Zeitung berichtete, nutzt das Klinikum Bremen-Mitte das Bettenhaus länger, als zunächst kalkuliert. „Das hat Auswirkungen auf den Gesamtprozess“, sagt Frank Ballschmiede von der Bürgerinnen-Aktion Neues Hulsberg. Die Bürgerinitiative hat einiges zu den neuesten Entwicklungen zu sagen.
„Für uns ist das ein Hammer gewesen“, kommentiert Frank Ballschmiede die Neuigkeiten. Die Nachricht habe ihre kühnsten Vorstellungen übertroffen, die Verzögerung sei eindeutig ein Fehler der Gesundheit Nord (Geno). Die habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Schon beim Eltern-Kind-Zentrum haben sich die Verantwortlichen verrechnet, sodass nachträglich aufgestockt werden muss. Jetzt die neue Klatsche. Das hat Auswirkungen, nicht nur auf den Baubeginn im neuen Hulsberg-Viertel, sondern auch auf die Nachbarschaft – besonders, was den Verkehr angeht.
Frank Ballschmiede spricht konkret das unausgegorene Mobilitätskonzept für das Klinikum Bremen-Mitte an. Das wurde im Herbst im Beirat Östliche Vorstadt vorgestellt und erntete erneut harsche Kritik. „Dieses Konzept wurde mehrfach angemahnt, und zwar nicht nur von der Bürgerinitiative“, sagt Frank Ballschmiede. Das Konzept basiert auf einem großen Parkhaus, das in unmittelbarer Nähe des Bettenhauses gebaut werden soll und in dem die Mitarbeiter, Patienten und Besucher der Klinik und des Ärztehauses an der St.-Jürgen-Straße, das voraussichtlich ab Mitte nächstes Jahres gebaut wird, ihre Autos abstellen sollen. „Das Parkhaus kann jetzt erst mal nicht gebaut werden“, sagt Frank Ballschmiede. Der Teilersatzneubau der Klinik und das Ärztehaus gehen also ohne Parkhaus in Betrieb.
Ist der Neubau schließlich so weit, dass alle Abteilungen einziehen können, muss das frei werdende Areal von 14 Hektar für den Bau des neuen Hulsberg-Viertels vorbereitet werden: Versorgungsleitungen und Kanäle müssen in die Erde. Die Bürgerinitiative spricht von etwa einem Jahr Bauzeit.
Ein Jahr ohne Parkplätze
Für diesen Zeitraum stehen auf dem Gelände also keine Parkplätze zur Verfügung – und eben auch kein Parkhaus. „Es müssen dringend kreative Lösungen her“, mahnt Frank Ballschmiede. Die hat aber niemand.
Auf der Beiratssitzung sagte Geno-Geschäftsführer Robert Pfeiffer, dass die Mobilität für die Klinik in den nächsten zwei Jahren wegen des Umzugs keine Priorität haben wird. Das heißt, Autofahrer werden auf der Suche nach Parkplätzen sich selbst überlassen und damit noch mehr auf die angrenzenden Quartiere losgelassen. „Das Ziel der Klinik ist, dass noch mehr Patienten versorgt werden“, sagt Gudrun Steenken von der BürgerInnen-Aktion. Es werden sich also noch mehr Menschen auf den Weg zum Krankenhaus machen als jetzt schon.
Am Rand des neuen Hulsberg-Viertels sollen Quartiersgaragen gebaut werden. Eine Idee wäre, deren Bau vorzuziehen, sagt Frank Ballschmiede. „Darüber sollten sich alle Beteiligten mal unterhalten.“ Auswirkungen hat das Mobilitätskonzept, das vorerst niemand weiterentwickelt, auch auf das Projekt Sunrise. Als einzige deutsche Stadt wurde Bremen, genauer Teile des Fesenfelds, des Hulsbergs und des Peterswerder, für das Verkehrsprojekt der Europäischen Union ausgewählt, wie der WESER-KURIER berichtete. Die Bürgerinitiative vermutet, dass aus Sunrise nun eine Sonnenfinsternis wird. Die Bürgerinnen und Bürger fordern von der Gesundheitssenatorin, jemanden einzustellen, dessen einzige Aufgabe die Mobilität der Klinik sein wird.
Die Planungen zum neuen Hulsberg-Viertel gingen 2011 groß an die Öffentlichkeit. In verschiedenen Foren wurde besprochen, was sich die Bürgerinnen und Bürger in dem neuen Quartier wünschen. Die Bürgerinnen-Aktion und auch die Stadtteilgenossenschaft, die um den Erhalt des Bettenhauses kämpft, sind aus dieser Bürgerbeteiligung hervorgegangen. Damals sind alle noch davon ausgegangen, dass etwa ab 2016 gebaut werden könnte. Es sei bei den Gesprächen und Ideenwerkstätten immer um Lebensqualität und Inhalte gegangen, sagt Gudrun Steenken. Gruppen haben sich gefunden, die Interesse an dem einen oder anderen Grundstück hatten und sich als Baugemeinschaft verwirklichen wollten. Viele von ihnen sind wegen der Pannen und Verzögerungen auseinander gebrochen oder haben sich in andere Stadtteile orientiert. Der erneute Aufschub werde noch weitere Gruppen in die Flucht schlagen. „Das ist dramatisch“, sagt Gudrun Steenken.
Auch bei der sozialen Durchmischung sehen die Bürgerinnen und Bürger einst gesteckte Ziele in Gefahr. Je länger der Klinikneubau und -umzug dauert, umso teurer wird das Krankenhausprojekt. Ein größer werdendes Finanzloch, das unter anderem mit den Erlösen aus den Grundstücksverkäufen wenigstens zu einem Teil gestopft werden soll.
Die Bürger befürchten, dass der Wohnraum, der neu geschaffen wird, so günstig nicht sein wird. Auftritt Stadtteilgenossenschaft Hulsberg eG: Die Genossen haben kürzlich ihr 100. Mitglied begrüßt und möchten unter anderem 30 bis 40 Prozent sozialen Wohnraum im Bettenhaus schaffen. Acht bis neun Euro würde der Quadratmeter in einer ihrer Sozialwohnungen kosten, so vorläufige Kalkulationen. Die Entscheidung, ob sie das Bettenhaus umbauen dürfen, ist noch nicht gefallen und wird sich nun vermutlich auch noch weiter verschieben.
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