Von jugendlicher Politikmüdigkeit war am Freitag beim Europäischen Jugendforum in der Bremischen Bürgerschaft wenig zu merken. Ja, nein oder Enthaltung – rund 100 Schüler erhielten eine Stimme.
Papiertüte oder Plastikbeutel? Sollte darüber das europäische Parlament bestimmen und die Abgabe von Plastiktüten in Geschäften verbieten? 42 der Bremer Jugendlichen, die gestern beim Europäischen Jugendforum in der Bürgerschaft mitmachten, sagen: Ja, aus ökologischen Gründen ist das angebracht und notwendig.
Wie im europäischen Parlament haben rund 100 Schüler des Kippenberg-Gymnasiums, der Europaschule SZ Utbremen und der Wilhelm-Olbers-Schule miteinander debattiert, Pro- und Kontra Argumente gesammelt und anschließend abgestimmt. Die Jugendlichen beteiligten sich an einer Veranstaltungsreihe des Informationsbüros des Europäischen Parlaments, die in ganz Deutschland in Kooperation mit den jeweiligen Landtagen läuft: „Es ist das dritte Mal, dass wir diese Reihe organisieren. Wir suchen dadurch die direkte Kommunikation mit den Schülern und versuchen, ihnen eine aktive Rolle in der Politik zu geben“, sagt Frank Piplat, Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Deutschland. Das gelinge vor allem dadurch, dass die Jugendlichen mit verschiedenen Abgeordneten ins Gespräch kämen.
In Bremen stellten sich die Europaabgeordneten Matthias Groote, Gesine Meißner und Helga Trüpel sowie die Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft Claudia Bernhard und Susanne Grobien den Fragen der Jugendlichen. „Es ist wichtig zu wissen, was die Jugendlichen über politische Themen denken“, erklärt Matthias Groote seine Teilnahme an der Diskussion. Außerdem erhofft er sich Denkanstöße, „denn Jugendliche haben teilweise eine ganz andere Sicht auf die Dinge“.
Während in Sachen Plastiktüte nur wenig Diskussionsbedarf und Nachfrage bestand, wurde es beim Thema Datenschutz emotional: Keiner möchte, dass seine persönlichen Angaben von Online-Anbietern genutzt und weitergegeben werden. Doch auf soziale Netzwerke verzichten oder dafür bezahlen, will auch keiner. Schnell und hitzig wurde debattiert – am Ende aber herrschte Konsens zwischen Jugendlichen und Abgeordneten: Transparenz und Information sind wichtig – beim Thema Datenschutz und in Sachen Europapolitik.
Wenn Adriana da Silva Oliveira an Europa denkt, dann denkt sie an Heimat: „Die verschiedenen Länder sind durch die EU verbunden, so gibt es kulturelle Vielfalt und Zusammengehörigkeit.“ Die Familie der 19-jährigen Schülerin der Europaschule SZ Utbremen kommt aus Portugal, deswegen ist ihr die grenzenlose Reisefreiheit wichtig: „Aber künftig wird sich vieles in der EU ändern, denn Länder wie Portugal befinden sich in der Krise. Die Zukunft ist sehr ungewiss.“
„Mir ist Politik nicht wichtig, und auch meine Familie interessiert sich dafür nicht“, sagt Friedrich Karsten, Schüler der Wilhelm-Olbers-Schule. „Durch die Veranstaltung heute merke ich, dass mich politische Themen schon betreffen, trotzdem überlasse ich die Debatte darüber lieber den Politikern.“ Dennoch hat sich der 18-Jährige vorgenommen, sich auf die Europawahl vorzubereiten und zu informieren: „Ich will zumindest wissen, wen ich wählen kann.“
Niklas Rabe will sich politisch einmischen: „Man sollte nicht immer nur rummeckern, sondern mitreden“, sagt der 20-jährige Schüler der Europaschule SZ Utbremen. „Die EU bietet viele Vorteile, auch für uns Jugendliche. Und Themen wie Energiepolitik gehen uns alle etwas an.“ Leider mangele es aber unter Schülern an Aufklärung und Interesse: „Wir sind Frieden gewohnt und wissen gar nicht, wie viel Sicherheit und Schutz die EU bietet.“