Ein Milliardär aus China will Wein aus dem Bremer Ratskeller kaufen. Eine Flasche für 150000 Euro. Unsinn? Nein, eine wahre Geschichte.
Es war der erste Sonntag im September. Karl-Josef Krötz wollte gerade aufbrechen – Weinfest auf dem Hillmannplatz, ein Muss für den Bremer Ratskellermeister. Doch dann dieser Anruf, und alles kam anders. Ob er vielleicht den Ratskeller aufschließen könne? Es sei Besuch da, und der interessiere sich für alte Weine.
Der Gast, wie sich herausstellte, war ein schwerreicher Chinese, ein Milliardär, der Kunst und Kultur liebt. Wein auch, und das ist die Geschichte. Der Mann war dermaßen beeindruckt, nachdem ihm Krötz seine Schätze gezeigt hatte, dass er ein kleines Andenken mitnehmen wollte: Eine Flasche vom Wein aus dem berühmten Rosefass. Der Preis: 150000 Euro.
„Wir standen vor dem Fass und ich erzählte ihm vom Rosewein“, berichtet Krötz. Vom Rüdesheimer, Jahrgang 1653. Ein Tropfen, so exquisit, dass der Kellermeister kaum Worte findet. Wenn überhaupt, wird der Rüdesheimer nur in homöopathischen Dosen verkostet. Er schmeckt, so wird es beschrieben, nach altem Madeira und ist ungemein konzentriert.
„Ich habe ihm gesagt, dass ein kleines Glas davon wohl um die 20000 Euro kosten würde“, erzählt Krötz. Normalerweise seien die Leute dann immer ganz baff und wollten das gar nicht glauben. Anders der Chinese. „Groß gewundert hat ihn das nicht.“
Sie gingen auseinander, und das war es zunächst. Doch gleich am Tag darauf fasste der Besucher nach. Seine Dolmetscherin rief bei Krötz an – der Rosewein, sagte sie, wir hätten gerne eine ganze Flasche davon. „Oha!, habe ich gedacht“, sagt Krötz, „das ist ambitioniert.“
Probiert wird der Rüdesheimer selten, verkauft eigentlich nie. Die 1000 Liter im Fass sollen auf ewig bleiben. Einerseits. „Man würde den Keller entweihen“, sagt Krötz. Andererseits sieht er die Chancen so eines Geschäftes. Nicht wegen des Geldes, „davon wird der Ratskeller nicht ärmer und nicht reicher“. Es ist mehr die Geschichte dahinter. Chinese kauft in Bremen eine Flasche Wein und zahlt 150000 Euro dafür. Der Ratskeller wäre in aller Munde und könnte seinen Ruf mehren.
Krötz ist die Sache zu heiß, zum Abschluss ist es deswegen noch nicht gekommen. „Das muss der Bürgermeister entscheiden“, sagt er, „ich will nicht als Kellermeister in die Annalen eingehen, der den Bremer Wein verscherbelt hat.“
Bei dem Chinesen handelt es sich um einen Mann namens Huang Nubo. Er ist 57 Jahre alt und mit Ferienimmobilien reich geworden. Der Kontakt nach Bremen entstand über einen deutschen Künstler, der in Peking lebt und mit Nubo bekannt ist. So erzählt es die Direktorin der Stadtbibliothek, Barbara Lison. „Ich kenne den Künstler, daraus ergab sich das.“
Nubo wäre aber wohl auch so irgendwann nach Bremen gekommen. Der Unternehmer hat sich zum Ziel gesetzt, in den nächsten zehn Jahren sämtliche 981 Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes in 160 Ländern zu bereisen. Eine davon ist das Bremer Rathaus. Nubo ist auch ein Dichter. Könnte sein, dass er um Pfingsten herum wieder an die Weser kommt. Barbara Lison plant für die Zeit ein Literaturfestival und hat den Milliardär eingeladen. Eine gute Gelegenheit für ihn, noch einmal nach dem Wein zu fragen.