Krebszellen im Körper finden und zugleich erkennen, ob sie gefährlich sind – diesem Ziel sind Forscher der Jacobs University in Grohn und des Leibniz-Instituts für molekulare Pharmakologie in Berlin nach eigenen Angaben einen großen Schritt näher gekommen. Sie haben eine Methode entwickelt, um mit hoher Empfindlichkeit Substanzen abzubilden, die bösartige Tumore anzeigen.
Die Magnetresonanztomografie, kurz MRT, gehört heutzutage zum medizinischen Alltag. Mithilfe von Magnetfeldern liefert sie Bilder vom Inneren des Körpers. Diese können beispielsweise helfen, krankhafte Veränderungen der Organe oder Tumore zu erkennen. Dass es bei der Visualisierung ganz entscheidend auf die Wechselwirkung mit den Kontrastmitteln ankommt, hat jetzt erneut eine Forschergruppe bestätigt, an der auch Andreas Hennig von der Jacobs University beteiligt ist. Die sogenannte Xenon-MRT habe das Potenzial, krankhafte Prozesse schon ganz früh sichtbar zu machen – wenn geeignete Kontrastmittel gefunden werden, die entsprechend empfindlich auf die „Belichtung“ reagieren.
Die Forschergruppe hat mit dem kürbisförmigen Cucurbituril nun ein Molekül entdeckt, das mit dem Edelgas Xenon ganz besonders guten Bildkontrast erlaubt – nämlich etwa 100mal besser als bislang üblich. Cucurbituril reagiert bei der Belichtung schneller als alle bisher verwendeten Moleküle. Hennig und seine Berliner Kollegen haben außerdem herausgefunden, wie man das „Schleusentor“ des Cucurbiturils gezielt öffnen und schließen kann. Als Schlüssel dient ein Enzym namens Lysin-Decarboxylase.
Was hat das Ganze nun mit Krebs zu tun? Lysin-Decarboxylase ist mehr als nur der Schlüssel zum Cucurbituril: Das Enzym spielt eine ganz entscheidende Rolle beim Wachstum von Tumoren und kann zeigen, ob ein Tumor bösartig ist. Das Besondere daran: Schon relativ wenig Zellmaterial reicht dann aus, um die Tumorzellen in der MRT darzustellen. Den Forschern zufolge könnten zukünftig schon sehr kleine Tumorherde mit der neuen Methode aufgespürt werden. „Die Methode“, so Andreas Hennig, „hat zudem den großen Vorteil, dass es im Gegensatz zu klassischen radioaktiven Kontrastmitteln keine nennenswerte Strahlenbelastung für den Patienten gibt.“
Doch vom tatsächlichen Einsatz ist man noch weit entfernt. Weiterführende Studien müssen zeigen, ob sich die bisherigen Testergebnisse auf den lebenden Organismus übertragen lassen. Wenn ja, könnten hoch sensitive Kontrastmittel entwickelt werden, die weitere Enzyme und damit ganz unterschiedliche Zelltypen markieren können. „Unsere ersten Experimente mit Cucurbituril waren ein ziemlicher Schuss ins Blaue“, berichtet Hennig. „Die entstandene Methode ist viel sensitiver, als wir jemals erhofft hätten. Das war auch für uns eine Riesenüberraschung. Es ist ein Meilenstein für die Krebsdiagnostik, den wir nun gezielt weiterentwickeln werden.“