Nach Gerichtsurteil zu Haustürgeschäften Freie Dachdecker obenauf

Die Bremer Dachdecker-Innung darf nicht länger ungestraft generell vor Haustürgeschäften warnen. Freie Dachdecker, die ihre Aufträge durch Anfragen – auch an der Haustür – akquirieren, hatten dagegen vor dem Verwaltungsgericht geklagt.
19.07.2014, 00:00 Uhr
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Freie Dachdecker obenauf
Von Justus Randt

Die Bremer Dachdecker-Innung darf nicht länger ungestraft generell vor Haustürgeschäften warnen. Freie Dachdecker, die als Reisegewerbetreibende ihre Aufträge durch Anfragen – auch an der Haustür – akquirieren, hatten dagegen vor dem Verwaltungsgericht geklagt.

Jonas Kuckuk ist der Dachdecker-Innung Bremen mit Erfolg aufs Dach gestiegen: Der Reisegewerbetreibende, der Reetdächer repariert, mauert und Zimmermannsarbeiten übernimmt, hatte vor dem Verwaltungsgericht Bremen auf „Unterlassung und Beseitigung öffentlicher Warnungen“ geklagt. Per Anerkenntnis-Urteil hat sich die Innung jetzt verpflichtet, pauschale rufschädigende Warnungen vor freien Dachdeckern zu unterlassen.

Kuckuk, ein weiterer Bremer Dachdecker und ein reisegewerbetreibender Kollege aus Nordrhein-Westfalen hatten verlangt, dass die Bremer Dachdecker-Innung nicht mehr pauschal vor Haustürgeschäften warnen darf. Im Internetauftritt der Innung, der 35 Betreibe angehören, war laut Klageschrift beispielsweise zu lesen: „Achtung, Hände weg von Haustürgeschäften. Vertrauen Sie den Mitgliedern der Bremer Dachdecker-Innung.“ An anderer Stelle ist auf deren Homepage zu lesen: „Finger weg von Haustür-Dachdeckern. Gehen Sie lieber zum Betrieb vor Ort.“

Die Anwältin der drei Kläger, Simone Baiker aus Düsseldorf, hatte unter anderem dargelegt, dass Kuckuk als Reisegewerbetreibender Dachdeckerarbeiten als Haustürgeschäft in Bremen und Umgebung anbiete. Das sei ein üblicher Weg für Selbstständige, die zwar nicht umherreisen, aber ohne stationäre Betriebsstätte auskommen.

Die betreffenden Passagen muss die Innung nun aus ihren Veröffentlichungen tilgen. „Das Gericht fand die Einträge nicht verhältnismäßig und hat auf unseren Antrag ein Ordnungsgeld von 10 000 Euro je Verstoß festgelegt, falls die Einträge nicht entfernt werden“, sagte Baiker. Auch die Dachdecker-Innung war vor Gericht anwaltlich vertreten. Holger Becker, stellvertretender Obermeister, hatte „nur von dem Termin gehört“ und wollte sich am Freitag nicht zu prozessualen Details äußern. Er wolle die Zustellung des Urteils abwarten, sagte Becker. „Ich muss das erst lesen.“

Das Gericht sei rasch auf einen Vergleich zugesteuert, sagte Kuckuk. „Aber wir wollten ein Urteil, nachdem es 2007 schon einmal einen Vergleich gegeben hat.“ Damals hatten sich freie Dachdecker mit der Handwerkskammer Bremen auseinander gesetzt, die infolge des verwaltungsgerichtlichen Vergleichs nicht mehr behaupten durfte, bei reisenden Dachdeckern lasse die Qualität der Arbeit „meist zu wünschen übrig“.

In der aktuellen Auseinandersetzung ärgert sich Kuckuk darüber, „dass die Innung über ihre Aufgaben als Körperschaft öffentlichen Rechts hinaus geht“. Kuckuk: „Betrug ist ja kein Handwerk sondern ein Verbrechen. Warnungen sind Sache des Verbraucherschutzes oder der Polizei.“ Die hat keine aktuellen Erkenntnisse über unseriöse Handwerker, die an Haustüren klingeln – aber zunehmend das Problem, dass sich Gauner als Polizisten ausgeben. Im Jahr 2013 waren es 39 Fälle, bis Mai dieses Jahres bereits 37.

Jonas Kuckuk und seine freien Kollegen empfehlen, sich an der Haustür unbedingt die Reisegewerbekarte von Handwerkern zeigen zu lassen. Die Gewerbeanmeldung bekomme schließlich nur, wer seine Zuverlässigkeit mit einem polizeilichen Führungszeugnis nachweist. Kuckuks Fazit: „Wir fühlen uns vom Gericht verstanden.“

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