Giftgrüne Pfeile weisen den Weg, und Doppelstreifen blaugekleideter Security-Leute sorgen dafür, dass niemand von diesem Weg abkommt. Freimarkt in Corona-Zeiten unter neuem Namen: „Freipaak“ heißt das jetzt und findet auf eingezäuntem Gelände statt – mit maximal 3000 Besuchern gleichzeitig. Ohne Festzelte, ohne Bier oder Wein. Und doch ist die Atmosphäre an diesem Sonnabendnachmittag, der sich wegen des Tags der Deutschen Einheit wie ein Sonntag anfühlt, entspannt – zumindest für die Besucher.
Wartezeiten gibt es nicht, auch nicht am Eingang. Eigentlich soll es ja erst um 13 Uhr losgehen, doch schon eine halbe Stunde vorher streben Familien, Gruppen, Pärchen zum Festgelände, auf dem dieses Jahr nicht gefeiert wird. Viele haben sich den Adresszettel bereits zu Hause heruntergeladen, ausgedruckt und ausgefüllt – ein cleverer Service der Veranstalter.
Beim Bummel über den Parcours, immer schön rechtsrum, bietet sich ein höchst unterschiedliches Bild: An manchen Ständen und Fahrgeschäften ist es fast so wie früher an einem Wochenend-Nachmittag, während an anderen der Eindruck stiller Verzweiflung entsteht. „Die Ausschankbetriebe sind die eigentlichen Verlierer“, sagt ein Insider. In der Tat: Ob Friesendiele, Elchbar, Moorkate, Scheune oder Kracherl – es ist wenig bis gar nichts los.
„Wir wollten hier nie eine Ballermann-Party-Atmosphäre“, sagt ein Betreiber. „Aber beim Bummel mal einen Kaffee mit Schuss oder ein Bierchen zur Bratwurst.“ Ist nicht, und so zählt die Elchbar, eigentlich eher ein Kaffeeausschank, in einer halben Stunde gerade mal vier Gäste. Am Kracherl verkünden Schildchen „Eingang Biergarten“, und das ist nicht geprahlt: Bier gibt es ja, sogar Martini, aber eben nur alkoholfrei. Im überdachten Biergarten sind nur vier von rund 20 Tischen besetzt.

Unübersehbar: Neongrüne Pfeile leiten das Publikum übers Gelände.
Imbissstände ohne Kundschaft
Schwer haben es offensichtlich auch die Imbissstände. Liegt es daran, dass man hier mit Maske bestellen muss, die man dann zum Essen wieder abnimmt? Schlange stehen die Leute nur bei Pommes-Fritz, während sich selbst bei den unverzichtbaren Schmalzgebäck-Ständen die Verkäufer langweilen. „Gestern war es auch schon so“, sagt die junge Frau am Brezel-Stand. Sie freut, dass sie den einzigen Kunden nach allen möglichen Zutaten für sein frisch belegtes Backwerk fragen kann.
Bei den Karussells läuft es hingegen mit halber Fahrt voraus. Klassiker wie der „Breakdancer“ oder das Riesenrad werden vom Publikum angesteuert wie eh und je, während bei den Autoscootern die Hälfte im Parkmodus am Rand der Fläche steht. „Eigentlich wäre die Runde jetzt rum – wollt ihr noch mal?“ scheppert es durch den Lautsprecher bei der Krake „Octopussy“. Das Publikum freut sich lautstark über den Corona-Bonus.
Beim „Hurricane“ ist gerade jeder zweite der 24 Plätze besetzt – genug, um die Runde zu starten. Immerhin weitere 42 Euro Umsatz. „Jekyll & Hyde“ hat zwar nur acht Plätze in den beiden Gondeln am Ende seiner zwei stählernen Arme, aber die sind alle belegt. Es gibt wohl immer Leute, die für fünf Euro aus 42 Meter Höhe mit 130 Stundenkilometern in die Tiefe rasen wollen, vorwärts wie rückwärts.
Nichts für kleine Kinder, deshalb müssen Mitfahrende auch mindestens 140 Zentimeter groß sein. Alle darunter sind aber offenbar die Top-Kundschaft an diesem Nachmittag: Das kleine Kettenkarussell, der „Happy Sailor“, die Teppichrutsche oder die „Pool Party“ haben Konjunktur. Da kann einem der Losverkäufer schon leid tun, der mit seinem Mikrofon tapfer auf ein gerade nicht vorhandenes Publikum einredet.