Pfingsten ist ein christliches Fest, das für Verständigung und Solidarität steht. Die biblische Pfingstgeschichte erzählt von Menschen, die plötzlich in allen möglichen Sprachen die Botschaft von Frieden und Versöhnung unter die Menschen bringen konnten. Das ist auf den ersten Blick eine sehr merkwürdige Erzählung. Aber beim genaueren Hinsehen und von heute aus betrachtet ist sie eigentlich ziemlich aktuell.
Man stelle sich vor: In der Politik, bei Gedenkveranstaltungen oder in Talksendungen würde einmal nicht in ritualisierten Formeln gesprochen, die einem vorkommen wie eine Fremdsprache. Man stelle sich vor: Das blumig-wolkige Geschwätz mancher Sonntagsreden und die nichtssagenden Betroffenheitssprechblasen wären weg. Oder all die giftigen Wortpfeile zwischen Menschen, die so verletzend sein können, würden nicht verschossen.
Alle Leute würden sagen, was ist: klar, verständlich, sachlich und konkret. Das wäre doch was, dann wüsste man, wen man vor sich hat, wo die oder der andere steht und was einen erwartet. Dann würde man nicht von oben mit Phrasen zugemüllt oder mit irgendwelchen cleveren Formulierungen hinters Licht geführt, sondern könnte sich auf Augenhöhe plötzlich viel besser verstehen. Das wäre wie das Brausen zu Pfingsten, wie ein frischer Windstoß, der befreit und freie Gedanken herein pustet.
Aber damit wir uns über kulturelle und sprachliche, politische und persönliche Grenzen hinweg mutig aussprechen und besser verstehen können, brauchen wir Einsicht, Kraft und Mut. Das brauchten auch die Apostel damals beim Pfingstfest. Ganz poetisch ist in der Geschichte von Feuerzungen die Rede, die über ihnen schwebten. Plötzlich waren sie erfüllt vom Heiligen Geist. Er hatte ihnen die Kraft gegeben, so zu sprechen, dass sie andere Menschen von der Liebe Gottes überzeugen und Begeisterung in ihnen wecken konnten. Es wird berichtet, dass sich daraufhin die erste christliche Gemeinde gebildet hat; eine Gemeinschaft, in der Missgunst und Neid überwunden werden sollten, und in der die Menschen nicht nur das Essen, sondern auch allen Besitz miteinander teilten.
Diese schöne Pfingsterzählung handelt von der Kraft, die auch in uns geweckt werden kann, damit wir uns nicht mehr hinter Worthülsen und Gesäusel verschanzen, sondern sagen, was ist; damit wir den Mut finden für ein Miteinander ohne Lügen und Hinterhältigkeit. Das wäre doch was. Für Frieden und Freiheit wäre viel gewonnen.