Mit einem Blick in das Jahr 1938, aber auch in die jüngere Vergangenheit ist am Montag in Bremen und Bremerhaven der Opfer der Novemberpogrome gedacht worden. Am Morgen gab es eine Gedenkstunde am Mahnmal in der Dechanatstraße, an der neben Landesrabbiner Netanel Teitelbaum und Mitgliedern der Bremischen Bürgerschaft auch der Berliner Mike Delberg teilgenommen hat. Der Anfang 30-Jährige trägt seine Kippa auch im Alltag, um damit zu zeigen, dass Juden ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sind.
Delberg erinnerte in seiner Rede daran, dass Judenhass „kein längst vergangenes Relikt der Geschichte, sondern ein Teil unserer heutigen Realität“ ist. Das habe nicht zuletzt das Attentat in Halle gezeigt. „Ist das das Deutschland, in dem wir leben möchten?“, fragte Delberg und antwortete: „Nein, sicher nicht! Aber es ist ein Teil von dem Deutschland, in dem wir heute leben.“ Der Berliner appellierte an „jeden Einzelnen von uns, einzugreifen, wenn Menschen sich wieder anfangen zu radikalisieren, Feindbilder zu schaffen, Andersgläubige, Andersdenkende, Andersliebende und Andersaussehende auszugrenzen und den Holocaust als ,Vogelschiss‘ in unserer Geschichte zu bezeichnen.“
Auch Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff bezog sich in seiner Rede auf jüngere Ereignisse. „Gerade heute am 9. November müssen wir zusammenstehen“, sagte er. Antisemitismus dürfe keinen Platz in der Gesellschaft haben. Antisemitismus und Anschläge gegen Andersdenkende wie zuletzt in Halle, Hanau, Nizza und Wien hinterließen Narben, „die nicht so schnell verheilen werden“. Deshalb sei das Gedenken und Erinnern heute so wichtig. Imhoff verlas unter anderem die Namen der fünf Bremer, die in der Nacht des 9. November 1938 in der Hansestadt ermordet wurden: Martha Goldberg, Adolph Goldberg, Heinrich Rosenblum, Leopold Sinasohn und Selma Zwienicki. Teitelbaum schloss die Veranstaltung mit einem Gebet.
Der Landesrabbiner nahm in Anschluss auch an der Bremerhavener Gedenkveranstaltung am Synagogengedenkstein in der Schulstraße teil. Stadtverordnetenvorsteher Torsten von Haaren erinnerte in seiner Ansprache an die Schicksale verschiedener Bremerhavener Juden und dessen, was ihnen in der Reichspogromnacht widerfahren war. Auch er mahnte mit Blick auf die Vergangenheit und Gegenwart. „Niemand hat das Wüten der SA verhindert. Niemand schützte die Opfer. In dieser Erkenntnis steckt die Mahnung an die nachfolgenden Generationen“, sagte er.
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