Prozess um Werder-Ultra Valentin S. Gefährliche Körperverletzung durch Blumentopf möglich?

Wegen fünf gefährlichen Körperverletzungen ist Valentin S. unter anderem angeklagt. Das Verfahren gegen zwei Werder-Ultras ist bei seinem Herzstück angelangt – den gewalttätigen Auseinandersetzungen.
14.04.2016, 10:54 Uhr
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Gefährliche Körperverletzung durch Blumentopf möglich?
Von Ralf Michel

Wegen fünf gefährlichen Körperverletzungen ist Valentin S. unter anderem angeklagt. Das Verfahren gegen zwei Werder-Ultras ist bei seinem Herzstück angelangt – den gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Warum er denn nicht einfach versucht habe davonzulaufen, fragt Rechtsanwalt Horst Wesemann das Opfer. Er sei schon so lange in der Fußballszene unterwegs, da laufe man in so einer Situation nicht weg, antwortet der 38-jährige Mann, der sich selbst der Hooliganszene zurechnet. Er gehe keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Und damit war am Donnerstag das Verfahren gegen die beiden Werder-Ultras Valentin S. und Wesley S. am elften Verhandlungstag bei seinem Herzstück angelangt – den gewalttätigen Auseinandersetzungen vor der Kneipe „Verdener Eck“ am 19. April 2015 anlässlich des Bundesligaspiels zwischen Werder Bremen und dem HSV.

Wegen insgesamt fünf gefährlichen Körperverletzungen ist Valentin S. unter anderem angeklagt. Die Beteiligung an dieser Schlägerei hat er längst gestanden. Was bleibt ihm auch anderes übrig, ist man versucht zu sagen, denn der Vorfall vor dem Verdener Eck ist bestens dokumentiert – ein Anwohner hat das Ganze gefilmt.

Das Video wird vor Gericht gezeigt. Zu sehen ist zunächst eine ganze Gruppe junger Leute, die sich rennend vom Verdener Eck entfernt. Ein Mann verfolgt sie, steht alleine mitten auf der Straße, scheint ihnen etwas hinterherzurufen. Da drehen sich etwa sieben, acht der jungen Männer um und attackieren den Mann, der seinerseits Boxerhaltung annimmt. Er wird niedergeschlagen, am Boden liegend getreten, rappelt sich aber wieder hoch und schlägt weiter zurück. Auch dann noch als er von hinten einen Blumenkübel über den Kopf gezogen bekommt. Gut zwei Minuten dauert die Szene, dann zieht sich der 38-Jährige zurück. Polizisten tauchen auf, die Prügelei ist beendet.

Über den Blumenkübel existieren unterschiedliche Versionen. Aus Ton soll er gewesen sein, wird in rechten Kreisen kolportiert, die Polizei spricht von zwölf Kilo Gewicht. Horst Wesemann hat das Tatwerkzeug aufgetrieben und in den Gerichtssaal mitgebracht – es ist ein etwa 800 Gramm schwerer Plastikkübel. Während des Schlages befand sich darin allerdings Erde, räumt der Verteidiger ein. „Aber wir kommen vom Gewicht her lange nicht in den Bereich, von dem die Polizei spricht.“

Sein Mandant, Valentin S. hat nicht mit dem Kübel auf das Opfer eingeschlagen. Das zeigt das Video ebenso deutlich, wie seine Schläge und Tritte gegen den 38-Jährigen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft macht es strafrechtlich aber ohnehin keinen Unterschied, wer aus der Gruppe der Angreifer mit dem Kübel geschlagen hat. „Und man sieht sehr deutlich, dass Valentin S. von Beginn an in vorderster Reihe dabei ist, dass ihm das Ganze geradezu Spaß macht, er sich Handschuhe überzieht und er dem Opfer mehrfach gezielt gegen den Kopf schlägt und tritt“, sagt der Staatsanwalt.

Der 38-Jährige trägt Prellungen, Abschürfungen, einen abgebrochenen Zahn und ein blaues Auge davon... Nach dem Vorfall habe er sich außerdem mehrfach übergeben müssen, sagt er vor Gericht aus. Im Krankenhaus wurde später eine Gehirnerschütterung diagnostiziert.

Im Verdener Eck war er, um sich das Nordderby anzuschauen, berichtet er. Nach dem Spiel habe es draußen zunächst einen Tumult gegeben, von dem er aber nichts mitbekommen habe. Es habe sich wohl um das „Hinspiel“ gehandelt. Was damit gemeint sein könnte, erläutert später Horst Wesemann: Demnach sollen bekannte Bremer Neonazi-Größen vom Verdener Eck aus vorbeikommende Ultras beschimpft und provoziert haben.

Der 38-Jährige wurde demnach etwa eine Stunde danach Opfer des „Rückspiels“ – Werder Ultras, die vor dem Verdener Eck aufzogen, dort nach seiner Aussage mit Steinen, Flaschen und Holzlatten auf das Gebäude warfen. Auch dieser Aufmarsch schien beendet, als er vor die Tür trat. „Doch dann kamen erst drei von denen auf mich zu und dann eine größere Gruppe.“

Was dann passiert sei, fragt der Richter. „Dann haben wir uns geschlagen“, lautet die lakonische Antwort. Für das Opfer nichts Ungewöhnliches, wie es selbst sagt. Früher, als er noch jünger war, sei er oft an solchen Auseinandersetzungen beteiligt gewesen. Der 38-Jährige hat denn auch nie eine offizielle Aussage bei der Polizei über die Attacke auf ihn gemacht, lediglich ein Gespräch mit einem szenekundigen Beamten hat es gegeben.

Im Raum steht zudem, dass der 38-Jährige einem Ultra eine leere Bierkiste auf den Kopf geschlagen hat. Dies habe Valentin S. ausgesagt, hält der Richter dem Zeugen vor. Doch der sagt zunächst, dass er sich nicht daran erinnern kann und verweigert dann – nachdem der Richter ihn darauf hinweist, dass er nichts sagen muss, was ihn selbst belasten würde – hierzu die Aussage.

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