Schwachhausen/Horn. Heiratsvermittlerin Dolly Gallagher Levi sieht sich in der Zwickmühle: Sie soll den reichen und verschrobenen Außenseiter Horace Vandergelder unter die Haube bringen. Doch ach: Sie hat sich selbst in ihn verguckt. Trotzdem arrangiert sie ein Treffen mit der heiratswilligen Hutmacherin Mrs. Molloy in New York. Horace Vandergelder reist also in die große Stadt, nicht aber ohne seinen Angestellten die Leitung des Ladens zu übertragen.
Doch irgendwie landen die zwei Aushilfs-Ladenhüter ebenfalls im Geschäft der Hutmacherin und verlieben sich sowohl in sie als auch in ihre Gehilfin. Danach findet sich für Vandergelder eine neue potenzielle Gattin, die er in ein feines Restaurant ausführt. Doch warum sitzen seine beiden Angestellten, die doch eigentlich den Laden bewachen sollen, ebenfalls dort?
Dies und noch viel mehr erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Aula des Kippenberg-Gymnasiums, Schwachhauser Heerstraße 62-64, wenn sich der Vorhang für das Musical „Hello, Dolly!“ hebt. Mehr als 100 Schülerinnen und Schüler aus der Mittelstufe und vor allem aus dem zehnten, elften und zwölften Jahrgang haben ein halbes Jahr lang zwei Mal in der Woche geprobt, um die opulente Aufführung Wirklichkeit werden zu lassen.
Allein 30 Schülerinnen und Schüler, davon viele Ehemalige und vier Lehrer bilden das Orchester. Der Leistungskurs Kunst hat die riesigen Leinwände bemalt, die dann für die entsprechenden Szenen reingezogen werden. Außerdem malten sie Bühnenbilder, die, über einen Beamer projiziert, den Bühnenhintergrund bilden. Ehemalige Schülerinnen und Schüler, die bereits bei der zwei Jahre zuvor stattgefunden Musical-Aufführung „Annie Get Your Gun“ dabei waren, bilden nun die Technik-Crew und die Regieassistenz.
„Die Schulleitung zeigte sich sehr kulant, dass die Schülerinnen und Schüler, von denen einige demnächst Abitur machen, kurz vor der Aufführung sechs Tage Vollzeit proben dürfen“, berichtet Frauke Schubert aus Horn, neben Wolfgang Meyer die musikalische Leiterin der Produktion. Zuvor ging es im November zu einer viertägigen Probenfahrt nach Schloss Noer an die Ostsee. Die Hauptakteure des Musicals erhielten da bereits mehrmals wöchentlich zusätzliches Gesangs-Coaching mit Stimmbildung. Für die Produktion habe das Textbuch abgeändert und ein paar Rollen hinzuerfunden werden müssen. „Das Stück an sich bleibt jedoch unverändert“, sagt Frauke Schubert. „Das ganze Jahr wurde ohne Maske, Bühnenbild und Technik geprobt, das Zusammenwirken spielt sich erst bei den Hauptproben ein. Und wegen des Aufwands spielen wir das Stück insgesamt auch gleich acht Mal“, erzählt sie.
Für die großen Rollen gibt es wegen der vielen Vorstellungen eine Doppelbesetzung. Ein regelrechtes Casting wurde für diese Rollen angesetzt, das bereits vor den letzten Sommerferien stattfand. Die zwei Horace Vandergelders, die im Casting ihr Können gezeigt haben, sind Jakob Schade (17) aus Lilienthal und der ebenfalls 17 Jahre alte Myron Christidis aus Horn. Beide hatten allerdings nach eigenen Aussagen mangels Mitbewerber „null Konkurrenz“. Die zwei Schüler stehen das erste Mal auf der Theaterbühne.
Für die weiblichen Hauptrollen hätten hingegen viele Schülerinnen vorgesungen, weiß Xenia Scheludko (18) aus der Neustadt zu berichten, die neben der 17-jährigen Nadine Lawniczak aus Schwachhausen die Rolle der Dolly mit Leben füllt.
Im Grunde sei die ganze Schule eingespannt, um die Aufführung zu einem Erfolg werden zu lassen: „Alle ziehen an einem Strang, der Leistungskurs Kunst hat die Werbeplakate und die Flyer erstellt, und die Eltern übernehmen den Kartenvorverkauf und das Catering“, berichtet Frauke Schubert.
Für die Regisseurin Nina Arena ist die Arbeit mit den Schülern mal etwas ganz anderes. Die freiberuflich tätige, ausgebildete Schauspielerin ist auch Theaterpädagogin und wirkt parallel bei einer Produktion im Bremer Musical-Theater mit: „Morgens arbeite ich hier und abends im Musical-Theater, das muss gehen“, erzählt sie. Den Vergleich mit den Profis bräuchten die Kippenberg-Gymnasiasten nicht zu scheuen: „Der Anspruch der Schüler und der Schule ist sehr hoch“, sagt Arena und betont: „Es macht sehr viel Spaß.“