Was würde Hans Hackmack (11. April 1900 bis 28. Mai 1970) sagen, wenn er den WESER-KURIER von heute betrachtete? Wäre er zufrieden mit dem, wofür er in schweren Zeiten den Grundstein gelegt hat? Was würde er anders machen? Wäre er entsetzt über das wachsende politische Desinteresse, über die Schärfe der Auseinandersetzungen um den Sinn der Demokratie?
Vieles ist über Hans Hackmack in den vergangenen Jahrzehnten geschrieben worden. In der Nachkriegsgeschichte spielte er eine entscheidende Rolle. Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg war er als Journalist tätig, zunächst bei der Bremer Arbeiterzeitung, dann bei der Bremer Volkszeitung – bis sie von den Nationalsozialisten verboten wurde. Hans-Günter Thiele, ehemaliger Chefredakteur dieser Zeitung, charakterisierte Hackmack anlässlich seines 100. Geburtstags: „Er war ein Arbeiterkind. Und diese Herkunft hat er nie verleugnet. Sie wurde ihm im Gegenteil zum Auftrag. Wie seine Eltern gehörte er zum linken Flügel der Sozialdemokratie. Das hieß im kaiserlichen Deutschland allemal, gegen den Krieg zu kämpfen – auch gegen die Führung der eigenen Partei. Folgerichtig landete Hackmack in der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD), die sich von der SPD abspaltete.“

Hans Hackmack war ein politischer Mensch.
Am ehesten wird man Hackmack in seiner Rolle als Zeitungsverleger und Chefredakteur gerecht, wenn man ihn selbst zu Wort kommen lässt. In der ersten Ausgabe dieser Zeitung schrieb er unter der Überschrift „Zusammenarbeit“: „So dunkel auch Gegenwart und Zukunft vor uns liegen, so hell leuchtet der Gedanke, daß alle anti-nationalsozialistischen Kreise sich, kaum daß die letzten Trümmer unserer sinnlos geopferten Städte niederstürzten, zu tatbereiter Aufbauarbeit zusammenfanden. Der gemeinschaftliche Wille, unser Dasein vor Anarchie zu retten, Hunger, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und die Kälte kommender Wochen nach Kräften von uns fernzuhalten, siegte über alle Parteigedanken und über alles Trennende der Zeit vor 1933 (...) Das deutsche Volk will und muß leben, es will wieder aufbauen!“

Hans Hackmack wurde von den Nationalsozialisten verfolgt und zu Schwerstarbeit gezwungen.
Hans Hackmack hatte den braunen Terror am eigenen Leib erfahren, er sollte sich davon gesundheitlich nie ganz erholen. Als Redakteur der Bremer Volkszeitung hatte er sich gegen die Nazis gestellt, 1933 wurde er mit einem Berufsverbot belegt, später wurde er in Schutzhaft genommen, ins KZ Börgermoor im Emsland verschleppt, wo die Häftlinge bei der Kultivierung der Moore Schwerstarbeit leisten mussten. Später wurde er in das KZ Oranienburg gebracht, auch für die Organisation Todt musste Hackmack Schanzarbeiten in Frankreich und Holland verrichten, Misshandlungen ertragen, Mitgefangene leiden und sterben sehen.
„Hans Hackmack hatte ein ungeheuer bewegtes politisches Leben, das erstaunlich jung einsetzt. Er wird mit 16 Jahren ein politischer Mensch“, sagt Konrad Elmshäuser, Historiker und Leiter des Staatsarchivs Bremen. Dass die Wahl der Alliierten auf ihn gefallen sei, bei der Vergabe der Zeitungslizenz, sei „ein Glücksfall“ gewesen. Hans Hackmack habe sich fortan nicht mehr der Politik, sondern „zu 100 Prozent der freien Presse“ gewidmet und damit dem Schutz der Demokratie.
Aussagekräftig scheint auch diese kleine Notiz in eigener Sache, datiert in den Dezember 1946: „Die kurzen, herzlichen Worte, die Lizenzträger Hans Hackmack an die Belegschaft richtete, enthielten den aufrichtigen Dank für die aufopferungsvolle Arbeit, die alle am Werden und Bestehen des ,Weser-Kurier‘ Beteiligten nun durch fast fünfzehn Monate lang geleistet hatten.“ Aus dieser und anderen Beschreibungen fügt sich ein Bild von Hans Hackmack als eine Person, die für die Sache brannte, der viel Gesumms um sich selbst fremd war und unangenehm.

Die Presse- und Meinungsfreiheit stand für Hackmack über allem. Dafür stand er ein, trotz der Konsequenzen für Leib, Leben und Familie. Er verriet seine Überzeugung nicht, ließ sich nicht einschüchtern, nicht um den Finger wickeln und nicht vor den Karren spannen. In Zusammenhang mit einer Festveranstaltung zu Hackmacks 100. Geburtstag im April des Jahres 2000 berichtete diese Zeitung: „Hans Hackmack hat das Vertrauen, das in ihn gesetzt wurde, mehr als gerechtfertigt. Sein WESER-KURIER ließ sich weder von Politikern noch von Unternehmern gängeln – nicht zuletzt auch dank einer wirtschaftlich starken Position, die es erlaubte und erlaubt, auf Anzeigen zu verzichten, über die Einfluss auf die Berichterstattung genommen werden soll.“
Die Zeiten haben sich geändert, die Rahmenbedingungen auch. Das Selbstverständnis, an dem Hackmack nie einen Zweifel ließ, gehört zur DNA des WESER-KURIER, bis heute: redaktionelle Unabhängigkeit, Überparteilichkeit, die zentrale Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, zur Meinungsbildung beizutragen, Kontroversen abzubilden und die Demokratie zu stärken.
Weitere Informationen
Dieser Artikel ist Teil der Sonderveröffentlichung zum 75. Geburtstag des WESER-KURIER. Am 19. September 1945 erschien die erste Ausgabe unserer Zeitung. Anlässlich des Jubiläums blicken wir zurück auf die vergangenen Jahrzehnte: Erinnern uns an die Anfänge unserer Zeitung und auch an die ein oder andere Panne. Und wir schauen nach vorn: Wie werden Künstliche Intelligenz und der Einsatz von Algorithmen den Journalismus verändern? Natürlich denken wir auch an Sie, unsere Leser und Nutzer. Wer folgt unseren Social-Media-Kanälen, wer liest unsere Zeitung? Was ist aus den Menschen geworden, über die wir in den vergangenen Jahren berichtet haben? Und wie läuft er eigentlich ab, so ein Tag beim WESER-KURIER?
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