Neustadt. „Zur Zeit gibt es in Bremen eine Reihe von neuen Produzenten, die einen Schwenk machen vom Industriekaffee zum transparent und fair gehandelten Bio-Kaffee“, sagt Jens Joost-Krüger von „Bremen bike it!“ über den Trend zu hochwertigem Kaffee. Als Vertreter des Stadtmarketing-Projekts „Bremen bike it“ leitete er gemeinsam mit Peter Sämann von „Shorts Attack“ eine Kaffeefahrt auf zwei Rädern.
Fast 70 Radlerinnen und Radler trafen sich an der Weserburg am Teerhof, um von der Weserburg innerhalb von knapp zwei Stunden über die Kaffeerösterei Münchhausen weiter zum Kaffeequartier in der Überseestadt, zum Europahafen und dann in den Überseehafen zum ehemaligen Werksgelände von Kaffee Hag zu fahren und Wissenswertes aus der Geschichte des koffeinhaltigen Heißgetränks in Bremen zu hören. Bereits 1673 eröffnete in Bremen das erste Kaffeehaus überhaupt in Deutschland.
Friedrich der Große erließ 1781 ein Kaffeeverbot. Er schickte sogar Kaffeeschnüffler los, um Kaffeetrinker und Bohnenröster zu enttarnen, weil er befürchtete, dass die heimische Wirtschaft durch den Import des Luxusgetränks Schaden nehmen könnte. Erst 1787, nach dem Tod Friedrichs, nahm sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. das Verbot zurück. Von diesem Umstand profitierten Bremen und seine Häfen.
Der Marmorsaal von Kaffee Hag, der 1914 eingerichtet und 2014 aufwändig restauriert worden ist, ermöglichte der Gruppe einen Einblick in die mondäne Blütezeit des Kaffeehandels der Hansestadt. Die endete laut Tourführer mit dem Aufkommen der Containerfracht Mitte der Sechzigerjahre. Die Bremer Stückguthäfen dominierten den Transport der verschiedensten Waren, bevor Bremerhaven als Containerhafen Bremen den Rang ablief und die stadtbremischen Häfen an Bedeutung verloren. Auch viele der ansässigen Kaffeeröstereien gaben auf oder wurden verkauft, wie zum Beispiel Kaffee Hag an die Firma Mondelez.
Ein Luxusgut
Der Kaffee, bis dahin Luxusgut, entwickelte sich zu einer Massenware, die für jedermann erschwinglich wurde. Dies wirkte sich natürlich auf den Preis, aber auch auf die Qualität aus. Die enorme Ausbreitung von Espressomaschinen bewirkte zudem ab den 1980er-Jahren eine immense Steigerung des Außer-Haus-Geschäfts, die Qualität sank weiter ab.
Erst die sogenannte „Dritte Welle“, die in den 1990-Jahren begann, führte nach Worten der Tourleiter zu einer Rückbesinnung auf die eigentlichen Werte des Kaffees als Genussmittel und seine vielfältigen Geschmacksmöglichkeiten fernab vom Mainstream. Dadurch entstanden auch in Bremen wieder kleine Röstereien mit dem Anspruch, fairen, nachhaltigen und wohlschmeckenden Kaffee zu produzieren. In einer dieser Manufakturen, der Rösterei „Cross Coffee“ in Walle, machte die Gruppe halt und gewann einen Eindruck von der großen Vielfalt des Kaffees.
„Ich finde es toll, dass es wieder so kleine Unternehmen gibt“, sagte Andrea Schenk beeindruckt. „Und durch die Führung habe ich nun ein anderes Bewusstsein für die Geschichte der Stadt und die Bedeutung des Hafens“. Rüdiger Schmitz (besser bekannt als Bremer Kleinkünstler Tante Luise) fand es interessant zu erfahren, wie der Kaffee die Stadtentwicklung geprägt hat: „Wie Ludwig Roselius beispielsweise die Kultur in Bremen beeinflusst hat, finde ich beeindruckend, das gibt es bei den heutigen Konzernen nicht.“
Der Film „A film about coffee“ von Brandon Loper klärte die Gruppe über die Bedingungen des Kaffeeanbaus und die Bewegung der „Dritten Welle“ als Vorreiter des fairen und guten Geschmacks in Sachen Kaffee auf. Weil die Kaffeefahrt auf zwei Rädern so gut angenommen worden ist, soll sie wiederholt werden, sagt Projektleiter Jens Joost-Krüger vom Stadtmarketingprojekt „Bremen Bike it!“, das Bremerinnen, Bremer und Touristen beim Radfahren über Bremer Geschichte und Gegenwart informieren will.
Jens Joost-Krüger hat bereits mehrere Führungen zusammen mit „Shorts Attack“ organisiert. Zu Details bremischen Lebens werden an verschiedenen Orten der Stadt Kurzfilme gezeigt. Wie das funktioniert? Der mobile Beamer samt Generator fährt bei so einer geführten Tour auf einem Lastenrad mit.