Der junge Star-Pianist Alexander Krichel musiziert mit Kindern der Grundschule am Pastorenweg Krichis klassische Klavierkompositionen

Lindenhof. Er kommt so unkompliziert daher wie der nette, junge Mann von nebenan. Einer, der ganz unspektakuläre Hobbys hat wie Filme gucken, laufen, lesen und Spazierengehen mit seinem Lieblingshund, einem Golden Retriever, wie wir später an diesem Vormittag erfahren.
02.03.2017, 00:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Sigrid Schuer

Lindenhof. Er kommt so unkompliziert daher wie der nette, junge Mann von nebenan. Einer, der ganz unspektakuläre Hobbys hat wie Filme gucken, laufen, lesen und Spazierengehen mit seinem Lieblingshund, einem Golden Retriever, wie wir später an diesem Vormittag erfahren. Und doch ist Alexander Krichel, am Vortag gerade mal 28 geworden, einer der gefragtesten Pianisten seiner Generation. Ein aufgehender Stern am Pianisten-Himmel.

Mit Geburtstagsglückwünschen wird der Halbitaliener denn auch von den Sieben- bis Zehnjährigen in der Pausenhalle der Grundschule am Pastorenweg herzlich willkommen geheißen. Alexander Krichel ist hier kurz vor dem Doppelkonzert, das er mit den Bremer Philharmonikern in der Glocke gibt, im Rahmen der von seinem Pianisten-Kollegen Lars Vogt ins Leben gerufenen Initiative „Rhapsody in School“ zu Gast, die es Kindern ermöglicht, in engen Kontakt mit Klassikstars zu kommen. Sie können alles fragen, was sie so auf dem Herzen haben.

Die Schülerinnen und Schüler vom Pastorenweg werden mit dabei sein, wenn der junge Pianist ein höchst anspruchsvolles Schwergewicht der klassischen Musik-Literatur spielt: Das 2. Klavierkonzert Nr. 2 c-Moll op. 18 von Rachmaninow, eines von Krichels Lieblingswerken, wie er erzählt: „Ich habe eine besondere Beziehung zu diesem Stück, es ist sehr emotional und vermischt sich perfekt mit dem Orchesterklang“.

Bei den Bremer Philharmonikern ist er bereits zum dritten Mal zu Gast. Lässig schlendert Alexander Krichel in Jeans, Turnschuhen und dunkelblauem Schul-T-Shirt in die Pausenhalle und hat auf Anhieb einen Draht zu dem musikalischen Nachwuchs, der hier in der Partnerschule der Bremer Philharmoniker zu einem sehr günstigen Preis beispielsweise Geige und Blockflöte spielen lernen kann. Die Nachwuchs-Pianisten sind dagegen eher rar gesät, in der Schüler-Gruppe gibt es gerade mal zwei Keyboarder. Auch Krichel spielte zunächst Violine, bevor er seine Liebe zum Piano entdeckte. „Klavier zu spielen, das macht unglaublich viel Spaß, glaubt mir!“, schwärmt er.

Alex, auch gerne „Krichi“ genannt, der von seinen russischen Freunden Sascha gerufen wird, ist ein Kosmopolit, der auf der ganzen Welt zu Hause ist und fünf Sprachen spricht. Japanisch soll noch dazukommen, weil er mindestens zwei Mal pro Jahr im Land der aufgehenden Sonne gastiert. Aktuell lebt er abwechselnd in seiner Heimatstadt Hamburg und in London, wo er gegenwärtig noch am Royal College of Music studiert. Der junge Pianist staunt im Gegenzug aber auch über die internationale Truppe, die am Pastorenweg zur Schule geht, Kinder aus rund 15 Nationen.

Er setzt sich an das leicht verstimmte, alte Schul-Klavier und beginnt zu zaubern. Er lässt seine Hände über die Klaviatur tanzen und entlockt dem Instrument sanft dahin fließende, impressionistische Wellen. „Macht mal die Augen zu und versucht Euch vorzustellen, was da passiert auf dem Meer“, fordert Krichel die Kinder auf. Und da kommt sie schon herangeschwommen „Une Barque sur l‘Ocean“, die Barke auf dem Ozean und wird vom Sturm kräftig hin- und hergeschüttelt, bis es wieder in deutlich ruhigere Gewässer geht. „Das habt ihr gut erkannt!“, lobt der Pianist die Interpretationsansätze der Schüler.

Krichel hat noch weitere Stücke von seinem neuen Ravel-Album mitgebracht, wie die „Alborrada del Gracioso“, das Morgenlied des Hofnarren oder Spaßmachers. Ein übermütiges, bewegtes, schnelles Stück, bei dem man sich vorstellen kann, wie die Clowns herumhopsen und uns damit auch schon mal erschrecken können, beantworten die Kinder Krichels Fragen. Gemeinsam mit einer Schülerin demonstriert er, wie blitzschnell dafür eine Taste angeschlagen werden muss. Beim darauf folgenden Hüpftanz Rigodon erzeugt der Pianist Töne in Dudelsack-Manier.

Was so spielend leicht aussieht, ist das Ergebnis harter Arbeit. Alexander Krichel spielt seit 20 Jahren Klavier. Schon mit zarten 14 wurde er Jungstudent an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg und wechselte 2007 an die Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. „Ich habe die Musik so sehr geliebt, dass ich mich dafür entschieden habe. Als ich Abitur gemacht habe, habe ich noch für kurze Zeit darüber nachgedacht, Medizin zu studieren“, erzählt Krichel.

Wunschkonzert-Wünsche erfüllt er an diesem Vormittag auch ohne Notenkenntnis. Beim Soundtrack zum Film „Der Fluch der Karibik“ und für einen Kinderlied-Gassenhauer von Rolf Zuckowski genügt das Vorsingen der Kinder. Nur mit einem Appetit-Häppchen aus Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ will es nicht klappen. „Vivaldi hat für Orchester komponiert, damals war das Klavier noch nicht erfunden“, erzählt der junge Pianist.

Die meisten Stücke spielt Krichel auswendig, wie auch jetzt ein Stück zum Raten, ohne hinzusehen, Beethovens „Für Elise“. „Ich habe ja immer eine Schlafbrille mit dabei, wenn ich mit dem Flieger unterwegs bin. Die setze ich dann auch auf, wenn ich beim Spielen die Musik nur fühlen will“, erzählt er und fügt auf eine entsprechende Nachfrage hinzu: „Nö, jeden Tag Klavier zu spielen und zu üben, das ist gar nicht nervig. Wir sind ja alle Menschen und keine Roboter. Da passieren schon manchmal Fehler“ resümiert er.

Zwischendurch gibt‘s noch einen Exkurs zur Technik des Schlaginstrumentes Klavier. Und als Sahnehäubchen hat „Krichi“ auch noch Autogrammkarten dabei, ein Foto mit den Grundschülern gibt es obendrein.

„Klavier zu spielen, das macht unglaublich viel Spaß, glaubt mir.“ Pianist Alexander Krichel
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