Bremen. Was soll man anderes sagen in diesen für Veranstalter unübersichtlichen Zeiten? „Wir fahren erst einmal auf Sicht“, sagte Sabine Gehm über die Aussichten, die zu Tanz Bremen eingeladenen Produktionen im Mai auch tatsächlich zeigen zu können. Die künstlerische Leiterin stellte am Donnerstag das Programm der 21. Ausgabe des Festivals vor, das vom 15. bis zum 23. Mai stattfinden soll.
19 Arbeiten internationaler Companys und Einzelkünstler möchten Gehm und ihr Team präsentieren, an unterschiedlichen Orten: Das Theater Bremen mit seinen vier Spielstätten ist dabei, ebenso die Schwankhalle, aber auch das Gerhard-Marcks-Haus, die Museen Böttcherstraße und Tanzwerk Bremen. Vier der internationalen Produktionen werden zum ersten Mal in Europa oder in Deutschland zu sehen sein; insgesamt sind 150 Künstlerinnen und Künstler an Tanz Bremen beteiligt.
Das Festival legt einen Schwerpunkt auf die weibliche Sicht. 16 der 19 Produktionen stammen von Frauen. Dabei geht es darum, die Konstruktion von Identitäten oder Rollenstereotypen zu hinterfragen, aber auch Themen wie Alter und Altern zu verhandeln. Wenig überraschend für eine Kunstform wie Tanz werden auch Körperbilder hinterfragt: Einige der Akteurinnen und Akteure auf der Bühne erfüllten die Norm durchtrainierter Tänzerinnenkörper bewusst nicht, so Gehm.
Einen geografischen Fokus legen die Macherinnen auf Kanada, das auch das diesjährige Partnerland von Jazzahead und Frankfurter Buchmesse ist. Gleich am Eröffnungsabend (15. Mai) ist die Company „Rubberband“ zu Gast mit ihrem Stück „Ever So Slightly“ (So ungemein leicht), in dem es um die zunehmend desorientierte Gesellschaft geht und das Chaos, das diese anrichtet. Verarbeitet worden sind dazu auch Bewegungen aus Hip-Hop und Kampfkunst. Clara Furey beschäftigt sich dagegen in ihrer ersten Gruppenchoreografie „Cosmic Love“ (kosmische Liebe) mit dem Raum als Vakuum (19. Mai). Andrea Peña befasst sich in der von ihr choreografierten Soloperformance „Untitled I“ unter anderem mit der Verwundbarkeit des männlichen Körpers. Der zweite Teil dieser Doppelperformance am 20. Mai gilt dem weiblichen Körper und den Zuschreibungen, mit denen dieser konfrontiert ist – für „Container“ zeichnet Vanessa Goodman verantwortlich.
In Israel beheimatet ist Galit Liss, die mit „Go! Manifesto For The Elderly Body“ (Los jetzt! Manifest für den alten Körper) nach Bremen reisen möchte. 17 Tänzerinnen zwischen 64 und 84 Jahren gestalten diese Produktion am 18. Mai, die von „der Zartheit, der Zerbrechlichkeit und der Kraft, die ein Körper – egal welchen Alters – haben kann“ erzählt, wie eine Fachpublikation schreibt. Ein hochpolitisches Thema verhandelt das Faso Dance Théâtre mit Serge Aimé Coulibaly und Rokia Traoré (Belgien/Burkina Faso), deren aufwendige Produktion „Kirina“ sich mit dem Post-Kolonialismus beschäftigt und Begriffe wie Heimat, Migration und Flucht in Bilder umsetzt (17. Mai). In Südkorea beheimatet ist die Eun-Me Ahn-Company mit „North Korea Dance“ (21. Mai). Die Choreografin Eun-Me Ahn gilt in der Tanzszene ihres Landes als Enfant terrible. Sie hat sich Gedanken darüber gemacht, wie im abgeschotteten Nachbarland wohl getanzt wird und dazu unter anderem Militärparaden oder Akrobatik in ihre Produktion eingewoben.
Auch der Bremer Szene hat das Festival Raum eingeräumt. So wird Birgit Freitag ihr neues Projekt „Vermutungen über (...)“ am 17. und am 19. Mai zeigen, am 21. Mai ist ihre Junge-Akteure-Produktion „Für vier“ zu sehen, mit der sie im vergangenen Jahr den Theaterpreis „Der Faust“ gewann. Die Katalanin Núria Guia Sagara, die sich gerne mit den Auswirkungen des Digitalen auf den Körper auseinandersetzt, wird mit den Unusual Symptoms am 16. Mai „Futuralgia“ aufführen.
Weitere Informationen
Tanz Bremen - internationales Festival für zeitgenössischen Tanz. 15. bis 23. Mai. Vorverkauf ab Freitag, 13. März; Tickets gibt es bei Nordwest-Ticket im Pressehaus an der Martinistraße, in den regionalen Zeitungshäusern, unter 0421/36 36 36 und unter www.weser-kurier.de/ticket.
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