Bremen. Gypsy Swing oder auch Zigeuner-Jazz gilt bis heute als wichtigste in Europa entstandene Richtung des Jazz, der seit den Anfängen vor über 100 Jahren ja vorwiegend von (afro-)amerikanischen Künstlern geprägt ist. Nachdem zuerst die drei Ferret-Brüder aus einer französischen Manouche-Familie die Valse Musette swingen ließen und die Akkorde im Arpeggio zerlegten, war es in den 1930er-Jahren vor allem der belgisch-französische Sinti-Gitarrist Django Reinhardt, der den neuen, zugleich kraftvoll swingenden und subtil-virtuosen Stil bekannt machte und mit Duke Ellington und Dizzy Gillespie die Bühne teilte.
Reinhardt gilt bis heute als unerreichte, fast übermächtige Stilikone und Ausgangspunkt für die nachfolgenden Musiker-Generationen der Sinti und Roma. Auch der 1980 in Hamburg-Wilhelmsburg geborene Giovanni Weiss beruft sich mit seiner Band Django Deluxe auf den Sohn eines umherziehenden Komödiantenpaares. Obwohl Weiss‘ Familie schon seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, sind familiäre Bindungen möglich, Django Reinhardts Vater hieß ebenfalls Weiss mit Nachnamen.
Ursprünglich als Familienband mit Bruder und Cousin an Rhythmusgitarre und Kontrabass aufgestellt, spielt Giovanni Weiss in seiner aktuellen Formation mit dem Keyboarder und Pianisten Boris Netsvetaev sowie dem Schlagzeuger Leon Saleh. Drive und Virtuosität der Musik tut das beim Konzert im fast voll besetzten Bürgerhaus Weserterrassen keinen Abbruch. Mit Jazz-Standards wie „There will never be another you“ und „Autumn Leaves“ eröffnet das Trio den Abend. Weiss beherrscht die Harmoniefolgen solcher Standards perfekt, kann in allen Tonarten und mit Wahnsinnstempo darüber improvisieren.
Bei „Nuages“, einem von einigen Django Reinhardt-Klassikern an diesem Abend, erkennt man dessen typische fließende Melodielinien, durchsetzt mit kleinen Klangeruptionen. Ein eher langsamer Song mit melancholisch-klagendem, sehnsuchtsvollem Unterton. Eine technisch hochversierte Musik, die trotzdem nie ihren Groove verliert.
Giovanni Weiss erzählt zudem amüsante Geschichten, wie die seines Großvaters, der statt Brot eine Django Reinhardt-Platte kaufte. „Stress gab es trotzdem nicht“, berichtet er. Für seine langen Konzerte ist Weiss bekannt, in den Weserterrassen geriet das Programm etwas zu balladenlastig, mit „Driving“, dem Titelsong des aktuellen Albums, nimmt die Band am Ende wieder Fahrt auf. Django Reinhardt hätte das Programm sicherlich auch gefallen.